Das Wort & der Witz des Jahres
Fast ein Jahr ist es her, dass mehrere Millionen Frauen im Zuge des Women’s March on Washington weltweit auf die Straße gegangen sind. Und dieser 21. Januar war nur der Auftakt für die vielen großen und kleinen Proteste gegen Sexismus, die 2017 folgen sollten. Bis hin zum Gipfel: #MeToo gegen sexualisierte Gewalt, von Hollywood bis Stockholm. (Mehr über die Gegenwehr der Frauen und die Affäre Weinstein steht in der Januar/Februar EMMA.)
In den USA wurde darum „Feminismus“ zum Wort des Jahres gekürt, vom Online-Wörterbuch Merriam-Webster. Die MacherInnen schreiben: „Unser Online-Wörterbuch gibt uns einen Einblick in die kollektive Neugier der Bevölkerung, mit Millionen von Wörtern, die monatlich nachgeschaut werden.“ Auf den Feminismus waren die Menschen in diesem Jahr besonders neugierig: „Das Wort war unter den Top-Suchen – mit einem Anstieg von 70 Prozent im Vergleich zu 2016.“
Der Backlash hat sich zur Tsunami aufgetürmt
Es ist ja gar nicht so lange her, da wäre es den Frauen noch enorm peinlich gewesen, mit dem Wort auch nur in Berührung zu kommen. Aber das hat sich geändert. Kein Wunder. Denn der Mut der Frauen war in diesem Jahr besonders groß. Die Affäre Weinstein und ihre Folgen zeugen davon.
Doch auch der Backlash gegen die Frauen hat sich zu einem Tsunami aufgetürmt. Die US-Amerikanerinnen hatten ihren Schreckensmoment nach der Wahl eines Super-Machos zum Präsidenten. Die Araberinnen müssen noch immer die Gewalt im Namen der „Ehre“ fürchten und die herrschenden oder marodierenden Islamisten. Die Osteuropäerinnen sind dem Ausverkauf der Frauen in das System Prostitution ausgeliefert. Nicht nur in Polen, sondern auch in Deutschland steht das Recht auf Abtreibung wieder unter Beschuss. Und das sind nur einige Beispiele von vielen.
Auch in Deutschland hatten die Frauen einen Erweckungsmoment. die Silvesternacht 2015/2016 in Köln. Als hunderte Männer „nordafrikanischer und arabischer Herkunft“ Frauen und Mädchen auf dem Domvorplatz in großen Gruppen sexuell attackiert haben – flankiert von tausenden Mittätern, die die Stimmung noch anheizten. Auch in Köln gab es nach Silvester ein Aufbäumen der Frauen („Wir erobern uns die Nacht zurück!“) – aber ihr Protest wurde allzu rasch unter einer landesweiten Rassismus-Debatte begraben. Die Herkunft der Täter, so tönte es plötzlich, dürfe nicht genannt werden. Weil „auch deutsche Männer vergewaltigen!“
Der Mut der Frauen war dieses Jahr groß
Zwei Jahre später ist man in der Domstadt immer noch meilenweit davon entfernt, diese Nacht erstens gründlich aufzuarbeiten und zweitens ein Konzept für die Silvesternacht am Dom vorzulegen. Eines, das mit Würde an die über 600 von Sexualgewalt betroffenen Frauen dieser Nacht erinnert. Die Opfer werden in der diesjährigen Kampagne der Stadt Köln zum Jahreswechsel nicht einmal erwähnt.
Stattdessen lässt Oberbürgermeisterin Henriette Reker 15.000 Plastikarmbändchen verteilen, auf denen „Respect!“ steht und die im Dunkeln leuchten. Reker hatte vor zwei Jahren mit dem Rat Furore gemacht, die Frauen sollten sich bei Gelegenheiten wie der Silvesternacht die Männer einfach „eine Armlänge“ vom Hals halten.
Das Armband-Motto in diesem Jahr lautet: „Respektvoller Umgang miteinander ist der Schlüssel für ein gutes Zusammenleben der Menschen in einer Stadt.“ Denn: „Gelebter und gezeigter Respekt verhindert vieles.“ Ach so. Musste ja mal gesagt werden. Nur: Wer will es hören?
Liebe Frauen, es ist also ganz einfach mit der Gegenwehr gegen Typen, die euch anfallen: Den Arm heben und das Respektbändchen zeigen! Sodann den Arm senken – auf eine Armlänge Abstand.
Alexandra Eul