Alice Schwarzer schreibt

So fing es an!

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"Privilegierte haben in der Geschichte ihre Rechte noch nie freiwillig preisgegeben. Deshalb fordern wir: Frauen müssen ein Machtfaktor innerhalb der ausstehenden Auseinandersetzungen werden! Frauen müssen sich selbst organisieren, weil sie ihre ureigensten Probleme erkennen und lernen müssen, ihre Interessen zu vertreten."

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Beifall der Mehrheit. Buhrufe von Einzelnen. Es war schon später Nachmittag, als diese inzwischen historischen Sätze durchs Mikrophon klangen. Sätze, mit denen – ein halbes Jahrhundert nach dem Ende der ersten deutschen Frauenbewegung – die zweite deutsche Frauenbewegung geboren wurde.

Ort des Geschehens: die Frankfurter Jugendherberge am Ufer des Mains. Tag: der 12. März 1972. Geburtshelferinnen: circa 450 Frauen von 40 Gruppen aus der ganzen Bundesrepublik, hier versammelt zum ersten „Bundesfrauenkongress“. Hinter ihnen lagen stürmische Monate. Hätte diesen 450 Frauen ein Jahr zuvor jemand prophezeit, sie würden an der Wiedergeburt der Frauenbewegung beteiligt sein – die meisten unter ihnen hätten wohl ungläubig den Kopf geschüttelt. Denn schon damals galt der Begriff „Feminismus“ als Schimpfwort – auch und gerade in den Reihen politisierter Frauen.

Auf der Suche nach einer fotogenen Frauenbewegung in den eigenen Landen hatte selbst Brigitte noch im Frühling ‘71 kokett geklagt: „Deutsche Frauen verbrennen keine Büstenhalter und Brautkleider, stürmen keine Schönheitskonkurrenz und emanzipationsfeindlichen Redaktionen, fordern nicht die Abschaffung der Ehe und verfassen keine Manifeste zur Vernichtung der Männer. Es gibt keine Hexen, keine Schwestern der Lilith, wie in Amerika, nicht einmal Dolle Minnas mit Witz wie in Holland, es gibt keine wütenden Pamphlete, keine kämpferische Zeitschrift. Es gibt keine Wut.“

Nun gab es sie, die wütenden Schwestern. Mehr als Brigitte & Co recht sein konnte. Denn die Wut richtete sich sehr, sehr rasch nicht nur gegen den § 218, sondern gegen das ganze Weiblichkeitsdiktat. Auslöser war das Abtreibungsverbot, Hintergrund die zunehmende Infamie und Schizophrenie der neuen Frauenrolle: ein bisschen berufstätig, gleichzeitig perfekte Hausfrau, gute Mutter, flotte Geliebte – das war Anfang der 70er das neue Ideal, nach dem wir Frauen uns strecken durften. An diesem Pulverfass fehlte nur noch der Funke, doch wer sollte den zünden?

Im April 1971 hatten 343 Französinnen öffentlich erklärt: „Wir haben abgetrieben, und wir fordern das Recht auf freie Abtreibung für jede Frau!“ Initiiert worden war die Aktion vom Pariser „Mouvement de libération des femmes“ (MLF). Veröffentlicht hatte den Appell die linksliberale Wochenzeitschrift Le Nouvel Observateur.

Der Zufall spielte eine Rolle dabei, dass die Aktion so rasch und so zündend in die benachbarte Bundesrepublik importiert wurde: Alice Schwarzer, damals Korrespondentin in Paris und selbst aktiv im MLF, transportierte die Idee zu den deutschen Schwestern. Nun galt es Frauen zu finden, die mitmachten. Da es in Deutschland noch keine Frauengruppe gab, die, wie die Pariserinnen, die Aktion zentral hätte tragen können, klopfte Alice an viele Türen, inklusive SPD-, DKP- und Gewerkschaftsfrauen – alle lehnten ab. Argument: „Eine solche Aktion würde uns nur schaden, das wirkt unseriös“ oder: „Das würde die Basis schockieren“.

Von den landesweit nur noch vier existierenden Frauengruppen der 68er Bewegung waren drei bereit mitzumachen: in Frankfurt die liberale „Frauen-aktion 70“, in Berlin der „Sozialistische Frauenbund Berlin“ und in München die „Roten Frauen“. Nur der studentische Frankfurter „Weiberrat“ wies die Aktion pikiert von sich, er fand sie „unpolitisch“ und „reformistisch“. Die drei Frauengruppen brachten innerhalb weniger Wochen etwa die Hälfte der 374 Unterschriften zusammen, den Rest bekam Alice Schwarzer durchs Schneeballsystem zustande: Eine Frau erzählte es der anderen, Freundinnen, Kolleginnen, Nachbarinnen überlegten gemeinsam.

Der Mut dieser Frauen war ungeheuerlich. Was das damals bedeutete, überhaupt eine Abtreibung zuzugeben – von einem öffentlichen Geständnis ganz zu schweigen! –, kann sich heute kaum noch jemand vorstellen. Das war einfach eine Ungeheuerlichkeit, die man selbst der besten Freundin nicht gestand.

Alle 374 Frauen hatten Angst. Angst vor juristischen Folgen (Werden sie uns ins Gefängnis stecken?); Angst vor sozialen Konsequenzen (Verliere ich meine Stelle?); Angst vor Psychodramen (Kriegt meine Mutter eine Herzattacke? Was sagt mein Freund/Mann dazu? Sprechen meine Nachbarn noch mit mir?).

Unter den ersten 374 Frauen, die sich selbst öffentlich der Abtreibung bezichtigten und dieses Recht für alle Frauen forderten, waren ganze neun Schauspielerinnen (und auch sie riskierten ihre Karriere, ihren Ruf). Die restlichen 365 waren Sekretärinnen, Hausfrauen, Studentinnen, Arbeiterinnen, Angestellte. Die älteste war 77 (die Hamburger Hausfrau Adele Heldmann), die jüngste 21 (die Berliner Friseurin Marita Spittmann).

Am 6. Juni 1971 zerriss das öffentliche Geständnis der 374 das Komplott des Schweigens. Millionenfach lag der Stern an den Kiosken, auf dem Titel Namen und Gesichter bekannter und unbekannter Frauen, die gemeinsam erklärten: „Wir haben abgetrieben! Wir fordern keine Almosen vom Gesetzgeber und keine Reform auf Raten! Wir fordern die ersatzlose Streichung des § 218!“

Es war eine wahre Explosion. Frauen im ganzen Land schlossen sich zusammen. Unterschriften wurden gesammelt. In Büros, Fabriken, Universitäten, Stadtteilen. Endlich wagten es Frauen, sich die alltäglichen Demütigungen und psychischen Verstümmelungen einzugestehen, die ihnen der § 218 zufügte. Irene M., eine 38-jährige Hausfrau aus Freiburg: „Während ich mit ihm schlafe, denke ich immer nur daran – an die Angst vor der ungewollten Mutterschaft.“

Und dann die Bevormundung. Durch Ehemänner, Kirchenmänner, Ärzte, Richter, Politiker. Dieses Betteln-Müssen um die gnädige Erlaubnis zum Nichtaustragen einer ungewollten Schwangerschaft... Und die Verlogenheit der ganzen Gesellschaft, ihre Doppelmoral.

Denn um den Fakt, ob nun abgetrieben wird oder nicht, ging es ja in Wahrheit nie. Frauen haben ungewollte Schwangerschaften immer und unter allen Umständen unterbunden. Und das Risiko konnte sie nicht schrecken. Selbst die drohende Todesstrafe im Dritten Reich nicht...

Während so genannte Experten – Theologen, Mediziner, Juristen und Politiker – über den „Beginn des personalen Lebens“, die „Seele des Fötus“, die „völkerpolitischen Aspekte“ und das „zu schützende Rechtsgut“ debattierten, hatten die Frauen bis dahin geschwiegen. Und gehandelt. Dass sie dies täglich zu Tausenden heimlich taten, begriffen sie selbst erst nach dem Eklat der öffentlichen Selbstbezichtigung. Vom scheinbar privaten Problem wurde der § 218 nun zum Politikum.

Und die Medien? Von rechts bis links versuchten sie, zunächst nur eines: abzuwiegeln und zu diskreditieren. Für Bild kam der „Protest zehn Jahre zu spät“. Für die Süddeutsche Zeitung handelte es sich um reinen „Exhibitionismus“, und die Frankfurter Rundschau sichtete „Konsumwahn“ und die „Vernichtung unwerten Lebens“. Zur Freude Kardinal Jägers, der es sich nicht nehmen ließ, von einem „neuen Euthanasieprogramm“ zu sprechen. Doch war der Frauenprotest so stark, dass die Männermedien schließlich klein beigaben und einschwenkten.

Und die Politiker? Ab 1969 hatte die Liberalisierung des § 218 eigentlich zum „Reform-Paket“ der SPD-FDP-Koalition ge­hört. Doch die wie auch immer geartete Reformabsicht des §218 würde wohl noch heute in den Schubladen der Sozialdemokraten schlummern, hätte es den Druck der Frauen von außen nicht gegeben.

Einen softeren Kurs schlugen auch die linken Genossen in Sachen § 218 erst ein, nachdem klar war, dass es sich um eine „Massenbewegung“ handelte.

Diese ersten Wochen und Monate nach dem 6. Juni 1971 waren einfach mitreißend. Die Buchhändlerin Ute Geißler aus München: „Als ich die Selbstbezichtigung unterschrieb, hatte ich noch mächtig Angst. Und dann, als wir ein paar Wochen später morgens um sechs diese Hausdurchsuchung hatten, da war klar: Wir würden uns nicht mehr einschüchtern lassen.“

Nacht-und-Nebel-Aktionen der Polizei, wie die in München, wo eine Razzia gemacht wurde, schwächten die Aktion 218 nicht, sondern stärkten sie eher. Sie brachten eine Welle der Sympathie. Und – eine weitere Welle von Hilfe suchenden Frauen.

Damit standen die Aktivistinnen der „Aktion 218“ erst einmal ganz allein da: mit den Tausenden von Frauen, die Rat und Abtreibungsadressen brauchten. Einziger Ausweg: die Illegalität im eigenen Land oder die Reise ins Ausland. Die ersten Kontakte mit dem Ausland wurden geknüpft.

Am 20. November 1971 gingen in fast allen Ländern der westlichen Welt Frauen auf die Straße: für das Recht auf Abtreibung und für die Selbstbestimmung der Frau! Allein in Paris demonstrierten 4.000, darunter Simone de Beauvoir.

Vier Monate später beriefen die deutschen Frauengruppen der „Aktion 218“ den allerersten „Bundesfrauenkongress“ ein. Am 11. März reisten 450 Frauen aus 40 Gruppen an, geografisch wie politisch von allen Horizonten. Es trafen aufeinander: geschulte Genossinnen und aufmüpfige Hausfrauen, interessierte Parteifrauen und versprengte Urfeministinnen. Zwei Tage lang wurde im Plenum und in vier Arbeitsgruppen heiß diskutiert.

In der Arbeitsgruppe 1 ging es um „die Gründe für die Selbstorganisation von Frauen“; in der Arbeitsgruppe 2 um „die Situation der erwerbstätigen Frau“; in der Arbeitsgruppe 3 um „die Funktion der Familie in der Gesellschaft“; in der Arbeitsgruppe 4 um die „Aktion 218“.

Die Emanzipation der Frauen stand auf der Tagesordnung. Dazu waren schon 1972 die Meinungen so bunt wie die Zusammensetzung des Kongresses. Als Konsens schälte sich heraus: Erstens ist die Frauenfrage nicht länger der Klassenfrage unterzuordnen. Zweitens müssen wir Frauen unsere Sache selbst und autonom in die Hand nehmen.

Die Arbeitsgruppe „Familie“ stellte eine Liste konkreter Forderungen auf, darunter: gleicher Lohn für gleiche Arbeit, Teilzeitarbeit für Männer und Frauen, Aufhebung der Rollenteilung in der Familie, Babyjahr für Mütter wie Väter, unentgeltliche 24-Stunden-Kindergärten sowie Großwohnungen zu Niedrigmieten und gegen die Isolation der Kleinfamilie.

Die Arbeitsgruppe „Aktion 218“ erinnerte daran, dass die Mehrheit der Bevölkerung (83 % aller befragten Bundesbürgerinnen) gegen den § 218 ist. Aus Protest gegen ein für April geplantes nichtöffentliches Hearing der Bundesregierung in Bonn kündigte der Frauenkongress für den 14. Mai 1972, den Muttertag, ein „Tribunal“ zum § 218 in Köln an.

In der offiziellen Presseerklärung am Sonntag, den 12. März, hieß es: „Auf dem Kongress kamen wir überein, uns separat zu organisieren, solange Frauen in besonderer Weise mehr unterdrückt sind als Männer. Wir rufen alle Frauen auf, sich für die Durchsetzung ihrer berechtigten Interessen selbst zu organisieren.“

Die Frauenbewegung war geboren. Neun Monate nach ihrer Initialzündung im Stern. Als die 450 Frauen an diesem Abend erschöpft auseinander strebten, ahnten wohl die wenigsten unter ihnen, welchem historischen Moment sie da beigewohnt hatten.

Die Saat geht auf. Die Frauenbewegten sind in aller Munde.

In Frankfurt machen Frauen ein Go-in im Dom: „Ungeborenes wird geschützt, Geborenes wird ausgenützt!“; „Hört nicht auf das Geschwätz der Pfaffen – wir Frauen werden’s selber schaffen!“ Sie platzen in die Jahreshauptversammlung des reaktionären Ärzteverbandes „Hartmannbund“ und bewerfen die Herren mit Mehl und Binden: „Stürzt die Ärztegockel von ihrem Medi-zinersockel!“ Sie stürmen eine Disco-Miss-wahl und decken die Jury mit Schweineschwänzen und -haxen ein: „Ihr verkauft hier unser Knie wie der Bauer ein Stück Vieh!“; „Vorwärts zur Schwanzvermessung der Jury!“

In Berlin planen Künstlerinnen die Ausstellung „Von Frauen – für Frauen – mit Frauen“, doch der Senat verbietet sie im letzten Moment. In Köln veranstalten die Gruppen der „Aktion 218“ ein zweitägiges „Tribunal“ gegen alle Befürworter des § 218.

„Mörderinnen“ nennt die katholische Kirche schlicht alle gegen § 218 kämpfenden Frauen. „Wir treiben auch legal nicht ab“, erklärt eine Mehrheit der Ärzte für den Fall einer Reform des § 218. „Treibt doch mit dem Feuerhaken ab!“, antworten Ärzte des Hartmannbundes auf den Protest der Frauen.

In der Bundesrepublik verdiente 1973 eine Arbeiterin stündlich 2,60 DM weniger als ihr männlicher Kollege. Und zu Hause? Da werden die Frauen noch nicht einmal unterbezahlt, sondern müssen gratis arbeiten. Die „Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V.“ errechnete 1973, dass alleine in der Bundesrepublik die Hausfrauen (Voll- wie Feierabendhausfrauen) jährlich 45 bis 50 Milliarden Stunden Gratisarbeit leisten. Die Zahl der Lohnarbeitsstellen belief sich gleichzeitig auf 52 Milliarden.

Bedenkt man, dass all diese gesellschaftlich ja notwendige Gratisarbeit fast ausschließlich von Frauen gemacht wird, und dass Frauen ein Drittel der Berufsarbeit leisten, so bedeutet das: In der Bundesrepublik leisten Frauen zwei Drittel der gesamtgesellschaftlich notwendigen Arbeit – Männer hingegen nur ein Drittel. (Anm. 2001: Diese Zahl wurde 20 Jahre später von der UNO bestätigt, die hinzufügte: Dafür erhalten Frauen 10 % des Lohns und 1 % des Besitzes.)

Das war das neue Frauenleitbild: Frauen durften nicht nur berufstätig sein, sie sollten es sogar. In Küche und Kinderzimmer ohne Widerspruch und schuldbewusst – weil berufstätig; im Büro und am Fließband willig und billig – weil in erster Linie Ehefrau und Mutter. Feministinnen waren die Ersten, die die Doppelbelastung zum Thema machten.

Beschleunigt werden die Erkenntnis-prozesse durch die Lektüre ausländischer, vor allem amerikanischer Feministinnen. Betty Friedans „Weiblichkeitswahn“, der die Verstümmelung einer Hausfrauenexistenz zeigt. Kate Millets „Sexus und Herrschaft“, die die Funktion von Pornografie und „Sexualpolitik“ analysiert. Oder Valerie Solanas „Manifest zur Vernichtung der Männer: SCUM“ (Society for Cutting Up Men) – der erste Exzess des Hasses, der sich endlich nicht gegen die Opfer, sondern gegen die Täter richtet.

In Frankfurt machen Frauen aus der Sponti-Gruppe „Revolutionärer Kampf“ („Die Herrschaft der Schwänze hat eine Grenze!“) 1972/73 eine Serie von Flugblättern. Motto: „Frauen gemeinsam sind stark!“ Bei den Sponti-Gruppen bilden sich die ersten Frauengruppen.

Die Abrechnung mit der alternativen Linken war in dieser Zeit für die junge deutsche Frauenbewegung ebenso wichtig  wie der Kampf gegen die Etablierten. „Jenny, wir kommen!“, verkündete in Münster ein Flugblatt und erklärte auch gleich, warum: „Jenny von Westfalen – das ist die Frau von Marx. Besser gesagt: seine Putzfrau, Köchin, Waschfrau, Prostituierte, Gebärmaschine – und das alles ohne jede arbeitsrechtliche Regelung, ohne geregelte Arbeitszeit, ohne Lohn. Karl hat nicht einen Finger gekrümmt im Haushalt, außer dass er mit der Haushälterin bumst, ihr ein Kind macht und dazu noch zu feige ist, das zuzugeben. Aber am Schreibtisch sitzen und dicke Wälzer schreiben, groß von der Befreiung der Menschheit quatschen... Wir sind alle Jennys! Denn wir leben in einem System der Männerherrschaft.“

Und sodann erzählt das Jenny-Flugblatt von den westfälischen Schwestern, was sonst noch alles los ist in der Welt: „In Berlin gibt’s mehrere Frauengruppen, zum Beispiel ‘Brot und Rosen’, die machen ab Februar eine Ausstellung, Filme und Straßentheater. Näheres auf Anfrage. Und am 10./11. Februar ist Weibertreff in München. Ja, und dann ist ein Sternmarsch nach Bonn geplant, wegen § 218. Wer will, verabredet sich mit uns.“ Die aufbegehrenden Frauen wussten voneinander.

Flugblätter. Treffen. Aktionen. Broschüren. Erste Zeitungen. Kongresse. Dekla- rationen. Die außerparlamentarische Frauenbewegung wurde zum ernst zu nehmenden Faktor. Nun begannen auch die Frauen in den Parlamenten unruhig zu werden. Vor allem die Sozialdemokratinnen. Die Einschüchterung innerhalb der männerdominierten Parteien hatte es bisher verhindert, dass die Politikerinnen sich aus eigener Kraft auflehnten. Doch die Impulse von außen bestärkten sie.

Auf der SPD-Bundesfrauenkonferenz 1970 in Nürnberg waren sie etwa 30 Genossinnen. „Wir haben eine Nacht lang zusammengehockt und ein Papier erarbeitet: Welchen Sinn politische Frauenarbeit haben kann, warum es sinnvoll ist, diese Arbeit zunächst auf Frauen zu beschränken.“ Als die SPD-Genossinnen dann in Frankfurt ein Flugblatt machten („Zum Muttertag Mon Chéri...“), beschloss der SPD-Parteivorstand kurzerhand, dieses Flugblatt einstampfen zu lassen: „Weil es in der Öffentlichkeit schädlich wäre und vom Wähler nicht verstanden würde.“

Dorothee Vorbeck, die damalige AsF-Vorsitzende: „Der Frauenbereich wird eben ausgespart in der Partei. Zunächst mal mit dem Argument: Das ist nicht politisch. Dann kommt das nächste: Das schadet der Partei. Der wahre Grund ist natürlich, dass jeder Einzelne von den Männern ganz elementar betroffen ist, persönlich profitiert von der Unterdrückung der Frauen.“

Die Frauenbewegung stellte alle traditionellen Organisationsformen und Kommunikationswege in Frage und war in ihrem harten feministischen Kern antiautoritär, antihierarchisch und eher anarchistisch. Nur die überregionalen Treffen vermittelten den einzelnen Gruppen in dieser Zeit das Gefühl einer Gemeinsamkeit. Darum strebten alle mit Eifer und Wonne zu solchen Treffen.

Zum „Frauentreffen“ in München kamen am 10./ 11. Februar 1973 Hunderte in die Kunsthalle am Englischen Garten. Auch aus Paris reisten zwei Frauen an, Annie Cohen und Alice Schwarzer (die damals noch in Frankreich lebte). Sie brachten zwei französische Ärzte mit und organisierten die allererste Demonstration der bis dahin unbekannten, schonenden Absaugmethode in Deutschland. Auf dem Programm stand erstmals auch der magische Begriff „Consciousness raising“ (CR-Gruppen), auch Klein- oder Quatschgruppe genannt. Das Prinzip der CR-Gruppe lag nahe, das Rezept kam aus den USA.

Freiburgerinnen über ihre CR-Gruppen-Erfahrungen im ersten „Frauenjahrbuch“: „Frauen haben bis jetzt die Erfahrungen gemacht, mit ihren Ängsten und Hoffnungen ziemlich allein dazustehen. Indem wir unsere Ängste, die wir ja oft als Schwächen kennen gelernt haben, mitteilen und bei anderen erleben, lernen wir, dass unser Sich-mies-Fühlen nicht unser eigenes Versagen ist: dass wir nicht minderwertig und unfähig sind, sondern dass wir dazu gemacht wurden. Hier setzt dann auch die Frage ein, warum das so ist und wem das dient. (...) Auf gar keinen Fall darf eine Kleinguppe zur Heile-Welt-Insel werden, wo wir unseren Frust abladen, uns wieder aufrichten und im Übrigen genauso weitermachen wie bisher.“

In den darauf folgenden Jahren ist dann dennoch so manches Frauenzentrum zerbröselt in Quatschgruppen, die für die beteiligten Frauen zwar Ventil und Erleichterung waren, aber nicht darüber hinaus wirkten.

Viel diskutiert in den Kleingruppen wurde in dieser Zeit das im Frühjahr ‘72 erschienene „Frauenhandbuch“ der Berliner Gruppe „Brot und Rosen“. Die Berlinerinnen, die über die Abtreibungsproblematik zur Verhütungsfrage gekommen waren und sich nun der damit verknüpften Frage der Sexualität näherten, hatten vor allem mit ihrer scharfen Kritik an der Pille Aufsehen erregt. Zu lange hatte jede Frau einzeln geschwiegen und geschluckt.

Nun griffen Frauen die gesamte männerbeherrschte Medizin an. Brot und Rosen: „Wir müssen unsere Angst verlieren vor Männern, die im Namen irgendeiner Wissenschaft Respekt für sich und ihre Handlungen fordern. Wir müssen es wagen, Fragen zu stellen.“ Zwei Jahre später gab es erste Selbsthilfegruppen.

In diesem Frühling 1973 trafen sich auch die Frauen, die feministische Blätter machten oder planten, erstmals in Frankfurt. Die Diskussionen waren heftig. Schon zeichneten sich verschiedene Strömungen ab, polarisierte sich vor allem hier die radikal-feministische und da die „sozialistisch-feministische“ Position. Die Mehrheit der Frauen entschied sich für eine neu zu gründende „Frauenzeitung“, deren redaktionelle Verantwortung gemäß dem antihierarchischen Anspruch der neuen Frauenbewegung von Stadt zu Stadt rotieren sollte. So geschah es.

Das Inhaltsverzeichnis der ersten „Frauenzeitung – Frauen gemeinsam sind stark“ im Oktober ‘73 gibt einen Einblick über die Interessen aktiver Feministinnen dieser Zeit: Es beginnt mit der Frage „§ 218 – und wie geht es weiter?“. Dem folgt eine Information über einen „Frauenstreik in Frankreich“ in einer Hemdblusen- fabrik in Cerizay, einen „Feministinnenkongress in USA“ und den „Kampf der Antwerpener Dockerfrauen“. „Kennst du deine Cervix?“, titelte ein erster Bericht über Selbsthilfe-Kliniken in Los Angeles, und der „Liebesbrief an die skandinavischen Genossinnen“ berichtet von der Frauenferieninsel Femö. Es folgen ein entschiedenes „NEIN zur Tagesmutter!“ und die Geschichte der „Lesben im Weiberrat“ (ein Thema, das bis dahin tabu gewesen war) sowie erste Querelen und die Frage: „Spaltpilz in der Frauenbewegung?“

Vor dem Richter des Heidelberger Amtsgerichtes stand an diesem 19. August des Jahres 1974 Monika und referierte: „Wir Frauen sind weitgehend unselbständig und hilflos gehalten. So kommt es, dass wir nie gelernt haben, selbstbewusst aufzutreten und unsere Angelegenheiten selbst in die Hand zu nehmen.“

Und weil Monika und die anderen angeklagten Frauen genau das ändern wollten, standen sie nun vor Gericht. Anlass: Die Besetzung der Plöck 48 am 17. Januar 1974. Den Heidelbergerinnen war nach monatelangem Hinhalten durch die Stadt der Geduldsfaden gerissen, sie zogen kurzerhand in das frisch aus Mitteln einer „Stiftung für sozial schwache Studentinnen“ renovierte und seit einem Jahr leer stehende Haus ein. Das Glück währte sechs Tag. Dann kam, nachts um viertel nach fünf, die Polizei. Wenige Stunden später wurde mit der Zerstörung des Hauses begonnen, heute steht an dieser Stelle ein – Parkhaus.

Was die Frauen mit den kalten Räumen anfangen wollten? Auch das erklärten sie vor Gericht: „Bisher sahen wir Probleme mit unserem Freund oder Ehemann als privat an. Jetzt haben wir gemerkt, dass es allen Frauen ähnlich geht, und dass wir uns gegenseitig helfen könnten. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass gerade Gruppen, die an den scheinbar privaten Problemen wie Familie, Kindererziehung und Sexualität ansetzen, in der Lage sind, Frauen zu aktivieren, ihnen eine Perspek-tive zu eröffnen, ihre Situation zu verändern. (...) Dazu brauchen wir öffentliche Räume, die jeder Frau zugänglich sind: Ein Kommunikationszentrum für Frauen, wo wir über unsere Probleme sprechen und sie in einen gesellschaftlichen Zusammenhang stellen können.“

Die Heidelbergerinnen gehörten mit zu den Ersten, die die Realisierung eines solchen Zentrums konkret in die Hand nahmen, wirklich geschafft hatten es damals erst zwei Städte: Berlin und Frankfurt.

Zu der Zeit zählte die junge Frauenbewegung zwischen 100 und 200 Gruppen und einige tausend Aktivistinnen. Doch das, was sie ausgelöst hatten, ging weit über diese Zahlen hinaus. Frauenunterdrückung und Frauenrechte waren nun ein öffentliches Thema und die Bewegung gegen den § 218 die auch zahlenmäßig bedeutendste BürgerInnenbewegung in der Geschichte der Bundesrepublik. Bis Frühling 1974 ertrotzten sich die Frauen in der Bundesrepublik ein rundes Dutzend Frauenzentren: alle selbst finanziert und selbst renoviert.

Die Ersten waren die Berlinerinnen mit ihrem Kreuzberger Ladenlokal. Die Hornstraße 2 war von Anbeginn an sowohl Treffpunkt und Arbeitsraum für die aktiven Frauen selbst wie auch Kontaktstelle für Neue und Ratsuchende. Denn es waren die Jahre, in denen die Frauenbewegung quasi allein all den Frauen weiter-helfen musste, die auf der Suche nach Abtreibungsadressen waren.

Im Kreuzberger Frauenzentrum gab es neben diesen Beratungsstunden auch Theorie- und Praxisgruppen. Themen: Sexualität, Gewalt gegen Frauen, Berufs-tätigkeit, Hausfrauenlohn, Self-Help, Karate, Straßentheater, Stadtteilarbeit, Frauenzeitung.

Bereits in dieser Phase zeichneten sich kontorverse Strömungen ab, die sich später verhärten und gegenseitig behindern sollten. Zunächst schienen es vor allem zwei Gruppierungen zu sein: Hier die „Funktionärinnen“, die, geschult aus der Linken kommend, flott begannen, nun auch die Frauen zu organisieren und verwalten zu wollen (Lieblingsslogan: Kommt massenhaft!). Da die Anarcho- oder Urfeministinnen, die sich gegen jede Bürokratisierung stemmten, jedoch die Gefahren ihres strukturlosen Spontaneismus unterschätzten (Lieblingsslogan: Frauen gemeinsam sind stark!).

Dazwischen schob sich nun der breite Strom der nicht politisierten Frauen, ja schlimmer noch: der beginnende Backlash. Bereits 1974 warnten Berlinerinnen im „Frauenhandbuch Nr. 1“ vor den „schrecklichen Folgen“ einer „Verherrlichung der weiblichen Unterdrückung“: „Intellektuelle Anspruchslosigkeit von Frauen, Ziellosigkeit, keine Realitätsbezogenheit. Auseinandersetzungen in der Gesellschaft werden nicht zur Kenntnis genommen, sondern nur die eigenen. Wissen wird als Angriff empfunden. Es gibt den Drang zum Ausgleichen, Konflikte werden verdeckt. Von daher kommt die Uneffektivität, unter der viele Gruppen leiden, obwohl sie zahlenmäßig sehr viel auf die Beine bringen müssten. Wahrscheinlich ist die Geduld eine kollektive unbewusste Angst vor Konsequenzen.“

Ein Konflikt kündigt sich an, der in den Jahren darauf die Frauenbewegungen in der ganzen Welt manchmal bis zur Lähmung belasten sollte: der Schwäche/Stärke-Konflikt und die Mystifizierung der traditionell weiblichen Schwächen. Die Pionierinnen der neuen Frauenbewegung, die Frauen der ersten Stunde, die den Kampf begonnen hatten, mussten einfach mutig und stark sein. Die zweite Welle aber, die nun dazu stieß, kam nicht unbedingt ins Frauenzentrum, um zu kämpfen, sie kamen auch, um sich auszuweinen oder es sich einfach mal gemütlich zu machen.

Und noch eine Schwäche des gewollten Nicht-Organisiert-Seins zeigte sich rasch. Da alle Zentren und Gruppen prinzipiell jederzeit allen Frauen offen standen, musste sich jede Gruppe von jeder „neuen“ Frau immer wieder auf den Nullpunkt zurückholen lassen und täglich neu erklären, „warum hier keine Männer rein dürfen“. Die Aufgabe, vor der die Frauenbewegung stand, lautete: Wie ist die Emanzipation der einzelnen Frau mit der aller zu verbinden?

Die Zentren waren damals von den Vorstellungen und Bedürfnissen einer bestimmten Kategorie von Frauen gemacht: überwiegend junge Frauen aus der alternativen Szene, Studentinnen und Flippies. Andere Frauen trauten sich nur zögernd rein und wurden auch oft abgeschreckt. So klagte eine Frau aus dem Kölner Frauenzentrum im ersten „Frauenjahrbuch“: „Das Wort Plenum – auch so ein Wort, das ich anfangs nicht verstand – machte mich immer so fix und fertig, dass ich gar nicht mehr hinging. Dort wurde eine Sprache gesprochen, die ich zum Teil nicht verstand. Ich kam mir klein und dämlich vor. Immer mehr hatte ich das Gefühl, hier gehörst du gar nicht hin.“

Doch weit über diese Zirkel hinaus erreichten die feministischen Impulse rasch Millionen Frauen. Nur: die Frauenzentren waren kein Treffpunkt für die „Frau von nebenan“. Die Bewegung gestand sich das nur zögernd ein. Und so blieben die Zentren über Jahre bizarre Zwitter: weder ein wirklich geschützter Ort, an dem konzentriert weitergedacht und weitergearbeitet werden konnte, noch ein Tummelplatz der allgemeinen Verschwesterung.

Dennoch: Es waren euphorische Zeiten. Die Begeisterung des Aufbruchs überdeckte die Differenzen und der gemeinsame Außenfeind war leicht zu orten: Der Kampf um den § 218 ging weiter, ja, spitzte sich zu. „Aufstand der Schwestern“ titelte der Spiegel am 11. März und berichtete: „Der 16. März, der Samstag dieser Woche, wurde zum ‘Nationalen Protesttag gegen den Paragrafen 218’ ausgerufen. In Hamburg und Frankfurt wollen Frauen mit zugepflasterten Mündern, gefesselten Händen und schwarzen Gefängniskugeln am Bein durch die Innenstadt ziehen. In Berlin sollen mitgeführte Masken, Ärztepuppen, Särge und Wäscheleinen mit Männerunterhosen die aus dem Paragrafen 218 resultierende Unterdrückung der Frau symbolisieren. Beim Amtsgericht nahe Frankfurts Zeil wollen hessische Frauen gesammelt ihren Kirchenaustritt erklären, in München gibt es ‘Frauen-Power’ als Straßentheater. Auch in Provinzstädten soll die Parole ‘Frauen, jetzt reicht’s’ sinnfällig gemacht werden.“

In demselben Spiegel platzte eine erste Bombe: 329 Ärztinnen und Ärzte bezichtigten sich in einem von Feministinnen organisierten Appell, Frauen „ohne finanziellen Vorteil zur Abtreibung ver- holfen zu haben“ und erklärten: „Wir meinen, dass nur die Frau selbst darüber entscheiden kann, ob sie Mutter wird oder nicht. Wir meinen, dass wir als Ärzte verpflichtet sind, Frauen unser Wissen für diesen Eingriff zur Verfügung zu stellen. Die Schwangerschaftsunterbrechung ist keine Gnade, sondern ein Recht!“ Der Mut dieser Ärztinnen und Ärzte war beachtenswert. Sie riskierten immerhin den Ausschluss aus ihrem Berufsstand.

Eine der Initiatorinnen des Ärzteappells war Alice Schwarzer. Sie plante gleichzeitig einen Bericht über die Ärzte und deren provokant angekündigte (illegale) Abtreibung nach der noch nicht praktizierten Absaugmethode im Fernsehen. Schon Tage zuvor titelte Bild die „Abtreibung aus Protest“. Schlagzeilen in allen Medien. Die Nation stand Kopf. Doch als dann am Montag, dem 18. März, in „Panorama“ der Bericht gezeigt werden sollte, war – das Studio leer. 45 Minuten zeigten die Fernsehkameras zur besten Sendezeit zwischen 20 Uhr 15 und 21 Uhr nur leere Stühle.

Was war geschehen? In einer dramatischen Konferenzschaltung hatten die ARD-Intendanten den Beitrag im letzten Augenblick verboten. Aus Protest gegen diese Zensur zogen daraufhin auch der damalige Leiter von Panorama, Peter Merseburger, und seine gesamte Redaktion die geplanten Beiträge zurück. Tags darauf gab es nur eine Schlagzeile: „Abgesetzt!“

Die Frauenaktion „Letzter Versuch“ und der damit verbundene Ärzteprotest gaben den Ausschlag dafür, dass sich die Regierungsparteien SPD und FDP letztendlich doch noch – und nur aufgrund des Drucks von außen und im Bangen um WählerInnen-Stimmen! – zu dem Votum für die Fristenlösung durchrangen. Neben-effekt der Aktion: Sie machte die Frauenzentren erst richtig einer breiten Öffentlichkeit bekannt.

Eine Hamburgerin im ersten „Frauenjahrbuch“: „Die unterschiedlichsten Frauen kamen zu uns, von Bildzeitung, BZ oder Tagesspiegel hatten sie unsere Adresse erfahren. In den folgenden vier Wochen waren mindestens 150 Frauen im Zentrum, die Rat suchten. (...) Wir sahen jetzt die Beratung in einem anderen Licht, denn wir wurden jetzt hautnah mit dem Problem der ‘Durchschnittsfrau’ konfrontiert, deren Lage miserabel ist – geprägt von Unwissenheit über ihre Körperfunktionen, Hilflosigkeit, sexueller und ökonomischer Unterdrückung und Ausbeutung. Wir mussten das aufgreifen und versuchen, etwas dagegen zu tun.“

Die Zeit der Entwicklung von „Ärztefragebögen“ und „Ärztekampagnen“ fing an, in Gesprächen und Selbstuntersuchungsgruppen begannen Frauen, ihren eigenen Körper endlich selbst zu entdecken. Die Macht der „Götter in Weiß“ wurde entmystifiziert, die Profitinteressen der Pharmakonzerne wurden angeprangert. In München und Berlin veranstalteten Feministinnen ganze „Tribunale“ gegen frauenfeindliche Ärzte und gesundheitsschädliche Mittel und Methoden der Pharmaindustrie.

Gleichzeitig trieben Feministinnen die ökonomische Analyse ihrer Lage als Frauen voran. Zu dieser Zeit existierte der (1976 abgeschaffte) § 1356 des Bürgerlichen Gesetzbuches noch, nach dem Frauen einerseits die Berufstätigkeit untersagt war für den Fall, dass sie ihren Haushaltspflichten nicht voll nachkommen; und Frauen andererseits gleichzeitig verpflichtet waren, berufstätig zu sein, wenn „die wirtschaftliche Lage der Familie es erfordert“.

Das Thema „Hausarbeit“ wurde als relevant für alle Frauen erkannt. Hausfrauen arbeiten nicht für Geld, sie arbeiten aus „Liebe“; Hausfrauen arbeiten nicht für sich, sondern für die anderen; Hausfrauen arbeiten noch nicht einmal unterbezahlt, sie arbeiten umsonst. Von der „Wichtigkeit“ der Hausfrauen war plötzlich allerorten die Rede. Brigitte ließ die Soziologin Helge Pross umfragen und beruhigend verkünden: „Deutschlands Hausfrauen sind zufrieden.“ Und die CDU/CSU dachte sich flugs einen „Hausfrauenlohn“ aus, bzw. ein Taschengeld, nach dem in Zukunft „Nur“-Hausfrauen monatlich mit 300 Mark besänftigt werden sollten.

Im April 1974 verabschiedete das Parlament mehrheitlich die so genannte Fristenlösung, das Recht auf Abtreibung in den ersten drei Monaten. Und Überzeugung war es wahrhaft nicht gewesen, die eine Mehrheit der SPD/FDP-Abgeordneten für die Fristenlösung, das Recht auf Abtreibung in den ersten drei Monaten. Und Überzeugung war es wahrhaft nicht gewesen, die eine Mehrheit der SPD/FDP-Abgeordneten für die Fristenlösung votieren ließ. Vielmehr war es das Schielen auf die weiblichen Stimmen bei den nächsten Wahlen.

Umso größer war die Fassungslosigkeit, als die von Millionen Frauen in einem harten, aber durchaus demokratischen Prozess den Politikern abgerungene Fristenlösung wenig später durch sechs alte Männer des Bundesgerichtshofes mit einem Federstrich zunichte gemacht werden konnte.

9. Mai 1974. „Ich hätte nie gedacht,dass man sich mit Frauen so gut amüsieren kann“, seufzt eine der wildesten Rocktänzerinnen des Abends erschöpft um vier Uhr morgens. Ein letzter Walzer. Das „ROCKfest im Rock“ geht zu Ende. Statt ein paar hundert, wie erhofft, kamen über 2.000 Frauen in die Mensa der Berliner Technischen Universität, manche von weit her angereist. Sie strömten, meist mottogerecht im Rock, zu diesem ersten öffentlichen Frauenfest. Es habe eine „liebe Stimmung“ geherrscht, berichtete der Spiegel anzüglich und hatte Recht.

Spaß und Agitation, Übermut und Politik trafen an diesem Abend glücklich zusammen. Bücherstände neben Schminktischen, der verbotene Panorama-218-Film und Klamottentausch, Würstchen und Luftballons und die alles übertönende allererste deutsche feministische Frauenband, die Berliner Frauenrockband. Die spielte vor allem Englisches, aber auch schon eigene Lieder. Der Bewegungs-Ohrwurm „Frauen kommt her, wir tun uns zusammen!“ hatte Premiere.

Schon wenige Monate später, im September ‘74, fand der Spiegel das Phänomen titelwürdig, lancierte das Schlagwort von der „neuen Zärtlichkeit“: „Frauen lieben Frauen“. Das Verhältnis von Frauen zu Frauen begann sich zu verändern. Im weitesten wie im engsten Sinne: Das ging von der Frau, die nun einfach mal einen schönen Abend mit Frauen verbrachte (um dann ins eheliche Bett schlafen zu gehen), bis hin zu der Frau, die plötzlich mit ihrer besten Freundin nicht mehr nur ins Café, sondern auch – ins Bett ging.

Hinzu kamen diejenigen, die schon immer Frauen geliebt hatten und dies nun nicht länger heimlich tun wollten, die „Lesben“. Sie machten öffentliche Lesbendemos und – ein erstes Kiss-in auf dem Kudamm. Den Männern hatte diese Entwicklung schon längst geschwant.

„Die Männer haben uns Feministinnen schon als lesbisch beschimpft, als wir selbst noch gar nicht wussten, dass wir es sind“, hat eine Amerikanerin es ironisch gesagt. Denn schon die ersten Schritte der neuen Frauenbewegung waren begleitet von dem Geraune: Die sind doch alle lesbisch.

Dahinter steckte das Einschüchterungsmanöver: Der Versuch der Spaltung in „andere“ und „normale“ Frauen (ihr seid doch nicht wie die, ihr liebt doch Männer...). Und das tiefe Wissen der Männergesellschaft darum, dass das Gebot für Frauen, ausschliesslich Männer zu lieben, für Männer sehr praktisch ist.

Drei von vier deutschen Hausfrauen putzten ihren Männern die Schuhe – „aus Liebe“. Aus Liebe heiraten Frauen, geben ihren Namen und ihren Beruf auf, fördern seine Karriere, statt ihre eigene, sind alleine zuständig für die Kinder und das Wohlbefinden der Familie. Im Namen der Liebe werden Frauen von Männern gedemütigt, geschlagen, ausgebeutet. Dennoch war die Frauenliebe innerhalb der Frauenbewegung zunächst einmal ebenso tabu wie in der gesamten Gesellschaft.

Doch jetzt bröckelte das Tabu. Frauen diskutierten zusammen, kämpften zusammen, lernten zusammen, wohnten zusammen, verreisten zusammen. Und siehe da: Es ging nicht nur ohne Mann, es ging oft sogar besser ohne Mann. Frauen entdeckten sich als liebenswert; als wert, geliebt zu werden. Etwa jede zweite unter den Aktivistinnen der Frauenbewegung, die bis dahin ausschließlich mit Männern Liebesbeziehungen gehabt hatte, machte sich nun auch ihre Liebe zu Frauen bewusst und – lebte sie aus. So manche unter ihnen blieb nach einer bisexuellen Phase ganz bei den Frauen, für andere war die Frauenliebe eher eine Art „Ausflug“.

Die Männerwelt reagierte rasch: In der Bundesrepublik wurde Anfang 1974 ein Mordprozess zur ersten großen öffentlichen Abrechnung mit der Frauenliebe. Aus dem Mordprozess gegen Judy Andersen und Marion Ihns, die den Mann der einen hatten umbringen lassen, um zusammen leben zu können, wurde ein Lesbenprozess. „Wenn Frauen nur Frauen lieben, kommt es oft zu einem Verbrechen“, schrieb die Bild-Zeitung und titelt über Wochen mit Sätzen wie: „Vater des Toten verflucht lesbische Frauen“.

Das Halali tönte quer durch alle Gazetten: Gejagt wurden Frauen, die Frauen lieben; gewarnt wurden Frauen, die die Absicht haben könnten... Nach altbewährtem Muster wurden Andersen und Ihns auseinander dividiert in die „Männliche“ und die „Weibliche“, die Verführerin und die Verführte. Andersen wurde ganz ans Messer geliefert, Ihns die „Chance“ der Reue gegeben: Quick brachte Marion Ihns sogar dazu, „alle Frauen“ vor Lesbierinnen „zu warnen“. „Liebe ist...“, witzelte Bild zu der Zeit passend, „wenn ihr ein Mann lieber ist, als die ganze Frauenbewegung“.

Wie jeder anständige Hexenprozess endete auch der in Itzehoe auf dem Scheiterhaufen: „lebenslänglich“ für beide. Die Bürde ihrer sozialen und psychologischen Motive (beide waren schon als kleine Mädchen vergewaltigt worden, Ihns wurde von ihrem Ehemann regelmäßig geprügelt und vergewaltigt) hätte bei einem männlichen Täter wohl allemal Nachsicht und ein paar Jahre auf Bewährung oder Freispruch bewirkt. Im Namen der „Männerehre“.

Erstmals wandten Journalistinnen sich an den Presserat. 144 forderten, „die unangemessene sensationelle Berichterstattung“ zu rügen. Dies geschah. Doch schaffte es fast keine der empörten Journalistinnen, in den eigenen Medien über den Prozess zu berichten. Dieser Druck wurde letz­tendlich zum Aus­löser für das schon in der Luft liegende öffentliche Coming-out lesbischer Frauen. Aus dem ganzen Land kamen Frauengruppen nach Itzehoe gereist. Weiß geschminkt demonstrierten sie vor dem Gerichtsgebäude: „Tat: Mord - Anklage: Lesbische Liebe“ stand da auf den Transparenten zu lesen und: „Die Mordanklage ist Vorwand – am Pranger steht die lesbische Liebe“.

Mitte der 70er Jahre, nur vier Jahre nach dem Aufbruch der Frauenbewegung, wurde dann die so genannte „Tendenzwende“ lanciert, oder auch, politisch präziser gesagt: Der Backlash, der Rückschlag, formierte sich. In Amerika, so wurde zufrieden vermeldet, „kriecht die Emanzipation zwar unaufhaltsam voran“, aber „Weiblichkeit ist wieder gefragt“ (der Spiegel). Die „Mutterschaft“ wurde wieder aufs Podest gehoben. Biologen und Psychologen erinnerten Frauen an ihre „Natur“ und „wahre Bestimmung“. Der Journalist Bittorf rief im Spiegel sogar den „anatomischen Imperativ“ aus.

Bis zum Erbrechen zitierten die Männermedien in dieser Zeit Esther Vilar; für die Frauen nichts anderes waren als „zwei Brüste und ein paar Lochkarten mit dummen stereotypen Redensarten“ und deren Hauptthese die der drohnenhaften Ausbeutung des Mannes durch die Frau war.

Gleichzeitig schenkte man den Frauen das „Jahr der Frau“. Jetzt, 1975, hielten auch die sozialistischen Brüder es für angebracht, sich zum Thema zu äußern. Die DDR-Frauenzeitschrift Für Dich nahm die Gelegenheit wahr, den dekadenten westlichen Gedanken der Frauenemanzipation zu geißeln. Für Feministinnen sei Mann gleich Mann, Arbeiter wie Kapitalist, vom Klassenkampf hielten sie nichts, und sie kümmerten sich weder um den § 218 noch um die ökonomische Unabhängigkeit der Frau, sondern nur um ihren Kampf gegen BHs und ihre „Weiberkommunen“.

Der Meinung waren auch die Genossen in Portugal, die gerade – Seite an Seite mit den Frauen – Revolution gemacht hatten. Doch als Portugiesinnen am 13. Januar 1975 in Lissabon gegen die Unterdrückung der Frauen protestieren und symbolisch Pornohefte und Pumps verbrennen wollten, da stürzten sich 5.000 bis 6.000 Männer auf die etwa 200 Frauen und schrien: „Verbrennt sie!“ – „Geht nach Hause an den Herd!“ – „Frauen nur im Bett!“ Zahlreiche Frauen wurden zusammengeschlagen. Die Polizei sah keinen Anlass zu intervenieren...

Frauendiskriminierung links wie rechts. Zwei Jahre nach dem faschistischen Putsch in Chile meldeten verzweifelte Frauen der Weltöffentlichkeit: 10.000 politische Gefangene in Chile. Männer wie Frauen werden gefoltert. Aber Frauen werden noch zusätzlich erniedrigt. Fast alle weiblichen Gefangenen werden vergewaltigt. Meist von mehreren Männern und oft auch von dazu abgerichteten Hunden in Vagina, Anus und Mund – bis zur Bewusstlosigkeit. In die Vagina werden hungrige Ratten eingesetzt, Elektroden werden an Brüste, Vagina und After angeschlossen. Vor der Augen der Mütter werden die eigenen Kinder gefoltert.

Zur gleichen Zeit kommen in Amerika die Vergewaltigungen durch Banden auf. Und amerikanische Psychiaterinnen berichteten schon 1973 von chirurgischen Eingriffen auch bei unbotmäßigen Hausfrauen. Jetzt laufen zwei Ebenen nebeneinander. Auf der einen Seite  verschärft sich also die Konfrontation zwischen Frauen, die sich nicht länger ducken wollen, und der Männerwelt. Auf der anderen schaffen Frauen sich Freiräume.

Die ersten Publikationen in Frauenselbstverlagen erscheinen. Der erste feministische Frauenverlag, die „Frauen­offen­sive“, wird in München gegründet. Auch die Frauenzentren sind solche Freiräume, die Frauenwohngemeinschaften und die Frauenferientreffen. Im Sommer 1974 fuhren erstmals auch deutsche Frauen auf die dänische Insel Femö, auf der Kopenhagener Feministinnen für ein paar heiße Sommerwochen lang alljährlich ein „Internationales Frauenferienlager“ organisierten.

Italienerinnen, Französinnen, Deutsche, Holländerinnen, Engländerinnen, Amerikanerinnen – alle kamen. Und alle brachten ihre Sehnsucht mit: Frauenland. Nicht nur ein „Raum für Frauen“ (Virginia Woolf), nein, ein ganzes Land für Frauen! Ein Land, in dem wir nicht nur geduldet und schon gar nicht eingeengt sind. Ein Land, in dem wir uns bewegen und träumen dürfen. Unser Land.

Und die „neue Zärtlichkeit“? Inzwischen gab es eigenständige Lesbengruppen in zahlreichen Städten und Zentren, in Berlin erschien die erste Lesbenzeitung, die Lesbenpresse. Herausgeberin war das „Lesbische Aktionszentrum West-Berlin“, (LAZ). Es lud seit 1972 jährlich zu einem Treffen, zum „Pfingsttreffen“. 1975 kamen rund 300 Frauen und diskutierten über ihr Leben wie über Politik.

Unübersehbar war nun auch die Spannung zwischen Polit-Lesben und den „Heterofrauen“ geworden. Die „Heterofrauen“ beklagten den „Lesbenterror“. Manche Lesben warfen ihnen in der Tat ihre Unfähigkeit vor, Frauen zu lieben. Gleichzeitig trauten sie Bewegungslesben – also den Frauen, die in der Frauenbewegung zur Frau gefunden hatten – nicht so recht über den Weg.

Hinter diesen Spannungen – die nicht selten auch als Vehikel für persönliche Querelen benutzt wurden – standen fundamentale feministische Fragen: 1. Wenn Männer in einer patriarchalen Gesellschaft objektiv unsere Feinde sind – ja kann/darf frau dann ihre Feinde lieben? 2. Ist Homosexualität an sich schon eine feministische Haltung? 3. Ist es richtig, dass Feminismus die Theorie und Lesbianismus die Praxis ist?

Der Homo-Hetero-Konflikt ging quer durch alle Gruppen und Zentren. Mit Männern lebende Frauen fühlten sich – manchmal zu Recht – unter Druck gesetzt. Mit Frauen lebende Frauen erinnerten – manchmal zu Recht – an ihre Demütigungen und die herrschende Zwangsheterosexualität. Dass es bei der Frage der Frauenliebe um eine der Kernfragen des Feminismus geht, zeigte sich nicht zuletzt an der Reaktion der Männergesellschaft... Es stiegen die Scheidungen – eingereicht vor allem von Frauen –, es sanken die Eheschließungen.

Im Rückblick haben Chronistinnen die Mitte der 70er auch als die “Wendung nach innen“ der Frauenbewegung bezeichnet. Gleichzeitig war gerade diese Zeit die Phase der Verbreiterung der Bewegung: quantitativ wie qualitativ. Immer mehr Frauen stießen dazu.

Und das erkannten jetzt auch deutsche Feministinnen: Frauen sind so viel mehr als nur „benachteiligt“ – sie sind kolonialisierte Wesen. Körper, Seele und Verstand von Frauen sind okkupiert von Männern: „Uns werden unsere Fähigkeiten von Kind auf abgewürgt, wir haben schon immer Berufsverbot. Uns wird die Identität geklaut, von früh auf lernen wir, eine Identität nur über einen Mann zu bestimmen. Unser Körper ist permanentes Freiwild für Blicke, zum Betatschen, für Bemerkungen. Die Straße ist für uns Feindesland. Wir trauen uns nachts nicht allein auf die Straße.

Für uns ist immer ‘Ausgangssperre’“. Die Gewalt, die uns trifft, hat nicht einmal das Privileg, als ‘Gewalt’ angesehen zu werden. Da empört sich kein Mann, das ist normal, dass zirka 80 % des ehelichen Beischlafs Vergewaltigungen darstellen, ohne dass jemand eingreift.“

Feministinnen errechneten: In der Bundesrepublik wird alle 15 Minuten eine Frau vergewaltigt. Im März 1976 trafen sich in Brüssel Frauen aus der ganzen westlichen Welt zu einem Frauen- tribunal über „Gewalt gegen Frauen“. Am Pranger stand die Gewalt gegen Frauen in der Ehe, der Psychiatrie, der Gynäkologie, auf der Straße, im Beruf und in den Medien.

Längst lag der Gedanke von „Häusern für geschlagene Frauen“ in der Luft, in Berlin entstanden erste Pläne. Auch Notrufstellen für vergewaltigte Frauen wurden diskutiert. Erste feministische Therapiegruppen bildeten sich, die Berliner Selbsthilfegruppe plante ein „Feministisches Frauengesundheitszentrum“.

In diese Zeit fallen die Anfänge einer feministischen Gegenkultur. Frauenkneipen, Frauenbands, Frauenbuchläden und Frauenverlage. Feministische Gedanken waren in aller Munde, feministische Bücher wurden erstmals auch in der Bundesrepublik Bestseller. Die spektakulärste Veröffentlichung aus dieser Zeit, „Der kleine Unterschied und seine großen Folgen“ von Alice Schwarzer, erreichte innerhalb kurzer Zeit eine Auflage von einer viertel Million. Und „Häutungen“ von Verena Steffen kursierte in den WGs. Und aus der DDR Irmtraud Morgners fantastischer Roman „Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz de Diaz“.

Neben diesen ersten Büchern deutscher Feministinnen standen nun zunehmend die wieder entdeckten Schriften der ersten Frauenbewegung. Namen, die die neuen Feministinnen ein, zwei Jahre zuvor noch nicht einmal gekannt hatten, füllten sich nun mit Gesichtern und Ge­schichten. Hedwig Dohm, Anita Augspurg, Lida Gustava Heymann, Minna Cauer – alles Frauen, die um die Jahrhundertwende und oft bis zum Beginn des Dritten Reiches mit großem Mut um das Recht der Frauen gekämpft hatten.

Nicht wenige dieser historischen Texte gingen weit über das hinaus, was die neue junge Frauenbewegung bis dahin formuliert hatte. Frauenhäuser, die Absage an die angebliche „Natur von Frauen“, die entschiedene Forderung nach gleichberechtigter Teilhabe an der Macht – alles schon mal dagewesen. Das alles hatten schon unsere Urgroßmütter gefordert.

Diese Erkenntnis machte den neuen Feministinnen Mut, aber auch Angst. Das alles war also schon gesagt und getan worden, und das alles hatte man wieder zunichte machen können? Ganz von vorne hatten wir wieder anfangen, hatten erst den Schutt der Männergeschichte wegschaufeln müssen, um überhaupt an unsere eigene Geschichte anknüpfen zu können. Würden wir es diesmal schaffen...?

Der Text ist ein gekürzter Nachdruck aus der 1981 erschienenen EMMA-Serie „So fing es an“, die später als Buch + TB und 1991 als EMMA-Sonderband erschien („Schwesternlust + Schwesternfrust“).

Zum Weiterlesen:

Elisabeth Badinter: Die Mutterliebe (1981) + Ich bin du – Die neue Beziehung zwischen Mann und Frau (1987, vergriffen), beide Piper;
Simone de Beauvoir: Das andere Geschlecht (1951), Rowohlt;
Susan Brownmiller: Gegen unseren Willen (1975), Fischer (vergriffen);
Andrea Dworkin: Pornographie (1987), Fischer (vergriffen);
Helen Epstein: Die Kinder des Holocaust. Gespräche mit Söhnen und Töchtern (1990), dtv (vergriffen);
Susan Faludi: Backlash (1993), Rowohlt;
Judith Lewis Herman: Die Narben der Gewalt (1993), Kindler;
Gerda Lerner: Die Entstehung des feministischen Bewusstseins (1993) + Die Entstehung des Patriarchats (1986), beide dtv;
Kate Millett: Sexus und Herrschaft. Die Tyrannei des Mannes in unserer Gesellschaft (1971) + Im Basement. Meditationen über ein Menschenopfer (1980), Rowohlt (beide vergriffen);
Irmtraud Morgner: Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz nach Zeugnissen ihrer Spielfrau Laura (1974), dtv, + Amanda. Ein Hexenroman (1983, vergriffen), Aufbau;
Janice G. Raymond: Frauenfreundschaft. Philosophie der Zuneigung (1987), Frauenoffensive (vergriffen);
Marit Rullmann: Philosophinnen I – Von der Antike bis zur Aufklärung + „Philosophinnen II – Von der Romantik bis zur Moderne (1993), Suhrkamp;
Sapphire: Push (1998), Rowohlt;
Herrad Schenk: Wieviel Mutter braucht der Mensch? (1996), Rowohlt;
Alice Schwarzer: Der große Unterschied. Gegen die Spaltung von Menschen in Männer und Frauen (2000), Kiepenheuer & Witsch;
Mary Jane Sherfey: Die Potenz der Frau. Wesen und Evolution der weiblichen Sexualität (1974), Kiepenheuer & Witsch (vergriffen);
Marlene Streeruwitz: Können. Mögen. Dürfen. Sollen. Wollen. Müssen. Lassen., Frankfurter Poetikvorlesung (1998), Suhrkamp;
Naomi Wolf: Der Mythos Schönheit (1991), Rowohlt + Die Stärke der Frauen. Gegen den falsch verstandenen Feminismus (1993, vergriffen), Droemer Knaur;
Virginia Woolf: Drei Guineen (1938), Frauenoffensive + Ein Zimmer für sich allein (1929), Fischer.
Im

FrauenMediaTurm sind alle histo­rischen bzw. vergriffenen Bücher einsehbar (Konsultation nach Vereinbarung), Bayenturm, 50678 Köln, T 0221/ 9318810, Fax 931881-18, E-mail: info@frauenmediaturm.de

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