Japan: Verbotene Vaginakunst
Megumi Igarashi kam strahlend aus dem Prozess. In der Tat: Die Künstlerin war zwar in Tokio gerade zu 3.300 Euro Strafe verurteilt worden, aber mehr Aufmerksamkeit hätte sie sich nicht erträumen können. Jetzt wird weltweit über die Japanerin berichtet, die sich den Künstlerinnennamen Rokude Nashiko (Böses Mädchen) gegeben hat.
Was ist so böse an ihr? Ihre Kunst natürlich. Die dreht sich nämlich rund um die Vagina. Das Böse Mädchen hat aus ihrem Vulva-Abdruck Lampenschirme gefertigt, Fernbedienungen, Smartphone- Täschchen, ja sogar ein Kajak. Denn, so die Künstlerin: „Ich hatte noch nie die Vagina einer anderen Frau gesehen und dachte, meine wäre abnormal.“ Darum zeigt sie jetzt also in vielfachen Varianten ihre Vagina.
Frauen in Japan wüssten nichts über ihren eigenen Körper, klagt Megumi. Gleichzeitig aber seien Penisabbildungen weit verbreitet und selbstverständlicher Teil der Pop-Kultur. Sie hat darum auch eine Mangafigur kreiert: ein tropfenförmiges kleines Wesen, dessen Gesicht von wallenden, pinkfarbenen Schamlippen umgeben ist. Dieses Argument konnte die Richter nicht erschüttern. In Japan, wo die Porno-Industrie seit Jahrzehnten boomt, ist die Abbildung von Geschlechtsteilen verboten. Offiziell. Und darum, so die Richterin, seien Megumis Vagina-Objekte als „obszön“ einzustufen.
Anstoß nahm das Gericht allerdings erst, als das Böse Mädchen begann, Kurse für Frauen zu geben, die ihren eigenen Muschi-Abdruck kreieren wollen. Und, als sie das von ihr entworfene knallgelbe Kajak, dessen Sitzluke ihre ganz persönliche Vagina-Form hat, als Datensatz für 3-D-Drucker verschickte. Nun sprach das Gericht sie wegen „Verbreitung obszönen Materials“ schuldig.
In Japan ist das Patriarchat besonders hartleibig und sind die bösen Mädchen in der Regel lieb. Deshalb hat es ein wenig gedauert, bis auch eine Japanerin jetzt auf der Insel hinter China Furor gemacht hat mit erotischer Kunst von Frauen.
Im Westen hatten zunächst die Amerikanerinnen, und in Folge auch Europäerinnen begonnen, mit ihrer Körperkunst zu provozieren. Unter ihnen allen voran eine berühmte Japanerin, die nach Kalifornien ausgewandert war: Yoko Ono. Sie lehnte u.a. 1966 Männer und Frauen an eine Wand und zeigte ihre nackten Hintern. Berühmt auch Yoko Onos "Bed-In" für den Weltfrieden, in das sie sich 1969 eine Woche lang mit ihrem Ehemann John Lennon in den Flitterwochen begab.
Die 44-Jährige will um ihre kämpfen. Megumi Igarashi will in Berufung gehen. An Unterstützung dürfte es nicht mangeln. Irgendwann muss ja selbst in Japan etwas in Bewegung kommen.