Kübra Gümüşay: Die Schwester

Links Kübra Gümüsay. Rechts: Tariq Ramadan.
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Sie kennen und sie schätzen sich. Sie sind beide fundamentalistisch verschleiert. Sie sind beide Tariq Ramadan verbunden. Und sie behaupten beide, sie seien Feministinnen.

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Kübra Gümüşay, 29, die Deutsch-Türkin, und Linda Sarsour, 37, die Amerikanerin palästinensischer Herkunft, galten in der Vergangenheit als Leuchttürme des „Anti-Rassismus“ und „intersektionellen Feminismus“. Dieser Feminismus behauptet dreist, die Neue Frauenbewegung habe sich ausschließlich um die Interessen „weißer, privilegierter Frauen“ gekümmert – und nicht um Gerechtigkeit für alle.

Gümüsay wird "Doppelzüngigkeit" angelastet

In den Wochen nach der Kölner Silvesternacht 2015/16 veröffentlichten „intersektionelle Feministinnen“ ein Manifest: #ausnahmslos. Gümüşay und Sarsour gehörten zu den Erst­unterzeichnerinnen. Die Ausnahmslos-Frauen bezichtigten jeden des „Rassismus“, der es wagte, darauf aufmerksam zu machen, dass es sich bei den Tätern überwiegend um junge Männer aus traditionell patriarchalen und islamistisch verhetzten Ländern gehandelt habe.

Doch wer sind eigentlich diese beiden muslimischen Star-Feministinnen? Sie gehören zu der Minderheit der verschleierten Musliminnen – nur jede vierte Muslimin in Deutschland trägt ein Kopftuch! Sie behaupten aber, sie sprächen für alle Frauen aus dem muslimischen Kulturkreis.

Linda Sarsour marschierte nach der Wahl von Trump ganz vornean beim „Frauenmarsch“ in Washington. Die mit 17 arrangiert verheiratete Mutter von drei Kindern war 2011 von Obama als „Champion of Change“ ausgezeichnet worden. Es scheint den Präsidenten damals nicht gestört zu haben, dass Sarsour nur drei Monate zuvor getwittert hatte: „Die Scharia ist vernünftig und wenn man sie im Detail liest, macht alles sehr viel Sinn.“ Und dass sie über die Islamismus-Kritikerin Ayaan Hirsi Ali, deren Leben lange von einer Fatwa bedroht war, geschrieben hatte: „Am liebsten würde ich ihr ihre Vagina wegnehmen! Sie verdient es nicht, eine Frau zu sein.“ – Besonders pikant an diesem Ausfall ist, dass das andere schon längst vor Sarsour besorgt hatten: Die gebürtige Somalierin ist genitalverstümmelt.

In so einer islamofaschistischen Suada darf natürlich der als Israel-Kritik verschleierte Antisemitismus nicht fehlen. O-Ton Sarsour: „Nichts ist erbärmlicher als der Zionismus.“ Sie unterstützt die anti-israelische „Boycott, Divestment and Sanctions“-Bewegung (früher hieß das: Kauft nicht bei Juden!).

Als ihren „Mentor“ bezeichnet Sarsour Imam Talib Abdur-Rashid von der Harlemer Moschee der Muslimbrüder. Sie propagiert den „Djihad“ für Amerika, und präzisiert später, sie haben den „Djihad der Worte“ gemeint. Weil „Faschisten und Islamophobe im Weißen Haus regieren“ (so 2017 auf der Jahrestagung der muslimbrudernahen „Islamic Society of North America“).

Gegen Kritik nahm im Januar 2017 umgehend Bruder Tariq seine Schwester Linda in Schutz mit den Worten: „Es gibt nichts, was Fanatiker mehr fürchten als starke muslimische Frauen.“

Eine starke muslimische Frau ist zweifellos auch Kübra Gümüşay. Bekannt wurde Kübra als Bloggerin („Ein Fremdwörterbuch“), taz-Kolumnistin und Aktivistin der Mädchenmannschaft.

„Intersektionelle Feministinnen“: Sie ist aktiv bei #ausnahmslos

Schon 2013 präsentierte Kübra Tariq Ramadan in Deutschland in dem Studentenmagazin der Zeit mit einem einfühl­samen Interview. Ramadan spricht dort von einem „Postintegrationsprozess“. Statt Integration müsse jetzt „Mitbestimmung und Teilhabe“ gefordert werden. Die Forderung nach „Teilhabe“ wird auch von den (überwiegend fundamentalistischen) muslimischen Organisationen erhoben. Dazu trägt auch Kübra bei, auch sie fordert Partizipation und kritisiert die Forderung nach Integration, soweit damit einseitige Anpassung gemeint sei. Und sie zitiert in ihrer taz-Kolumne „Das Tuch“ unter dem Titel „Salafismus als Ausweg“ eine gewisse Nurhan u. a. mit den Worten: Die Salafisten hätten „auch viel Gutes ­gemacht“.

Zusammen mit ihrem Mann Ali Aslan Gümüşay, einem international agierenden Wirtschaftswissenschaftler, mit dem sie ein Kind hat, lebte sie eine Zeitlang in Kairo und Oxford, beides Zentren des politisierten Islam. Da gibt es viele gute Gelegenheiten zu netzwerken. Wie bei dem von den Gümüşays initiierten muslimischen Netzwerk „Zahnräder“, das die EU finanzierte.

Die gebürtige Hamburgerin bewegt sich im Kontext des IZH (Islamisches Zentrum Hamburg), dessen Leiter Ayatollah Reza Ramezani der Verfassungsschutz als „Vertreter des iranischen Revolutionsführers Khamenei in Europa“ klassifiziert. Gleichzeitig ist sie aktiv bei den „intersektionellen Feministinnen“ von Missy und #ausnahmslos, für die die Burka „nur ein Stück Stoff“ ist.

Nicht nur die deutsch-türkische Rapperin Lady Bitch Ray kritisierte Gümüşay für ihre „Doppelzüngigkeit“. Und als die Ermittlungen gegen Tariq Ramadan wegen des Verdachts auf Vergewaltigung publik wurden, twitterte Gümüşay dazu nur auffallend Unkonkretes.
 

Dieser Text erschien in der Urfassung in der Januar/Februar EMMA 2018 und auf EMMAonline. Diese Fassung wurde wegen des Urteils des Landgerichts Stuttgart Mitte April an drei Stellen leicht korrigiert.

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Alice Schwarzer schreibt

Gümüşay verklagt EMMA …

Kübra Gümüsay bei ihrem Vortrag "Organized Love" beim TEDxBerlinSalon (Screenshot YouTube).
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In Frankreich gibt es schon ein Wort ­dafür: le Djihad Juridique, der juristische Djihad: Islamismus-KritikerInnen werden mit Klagen oder gar Strafanzeigen verfolgt.

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Am 17. Januar 2018 reichten die Anwälte von Kübra Gümüşay gegen EMMA einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Unterlassungs-Verfügung ein. Es ging um Passagen in einem Artikel, der am 14. Dezember 2017 in der Januar/Februar-Ausgabe von EMMA veröffentlicht worden war und seit Anfang Januar 2018 online stand: der Text „Die Schwestern“ über Linda Sarsour und Kübra Gümüşay. Gümüşay wollte EMMA die weitere Verbreitung von sieben Passagen gerichtlich verbieten lassen. Sie unterlag in vier Punkten. In dem Artikel von EMMA kann es also weiterhin in Bezug auf ­Gümüşay heißen:

1. ... Sie sind beide Tariq Ramadan verbunden ...
Begründung des Landgerichtes Stuttgart: Es handele sich um eine zulässige Meinungsäußerung.

2. Die Ausnahmslos-Frauen bezichtigten jeden des „Rassismus“, der es wagte, darauf aufmerksam zu machen, dass es sich bei den Tätern überwiegend um junge Männer aus traditionell patriarchalen und islamistisch verhetzten Ländern gehandelt habe.
Auch hier sieht das Gericht eine „zulässige Meinungsäußerung“. Kübra Gümüşay ist, zusammen mit Anne Wizorek und Stefanie Lohaus (Missy Magazine), eine der ­Autorinnen bzw. Erstunterzeichnerinnen des #ausnahmslos-Manifestes, das nicht zufällig wenige Tage nach den Vorfällen an Silvester 2015/2016 in Köln erschien.

3. Sie behaupten aber, sie sprächen für alle Frauen aus dem muslimischen Kulturkreis.
„… die darin liegende Tatsachenbehauptung ist zutreffend …“, heißt es dazu u. a. im Urteil.

4. Die gebürtige Hamburgerin bewegt sich im Kontext des IZH (Islamisches Zentrum Hamburg), dessen Leiter Ayatollah Reza Ramezani der Verfassungsschutz als „Vertreter des iranischen Revolutionsführers Khamenei in Europa“ klassifiziert.
Auch diese Passage ist laut Gericht eine „zulässige Meinungsäußerung mit Tat­sachen­kern“. Gümüşay war am 30. Januar 2016 auf dem Podium der „6. Einheitskonferenz im IZH“ zu Gast gewesen. Dabei ging es auf Einladung der Schura um „islamische Medienarbeit“ und die „mediale Deutungshoheit der Muslime über ihre eigenen Inhalte“.

Um dasselbe Thema ging es bei einem Vortrag von Kübra Gümüşay am 18. März 2016 bei Millî Görüş (IGMG) in München. Millî Görüş wurde lange u. a. wegen ihrer Nähe zu den ägyptischen Muslimbrüdern vom Verfassungsschutz beobachtet. „Agieren statt Reagieren. Muslime in Deutschland“ lautete der Titel des Vortrags. Darin beklagte die Rednerin, es gäbe noch zu wenige muslimische JournalistInnen, BloggerInnen und SchriftstellerInnen, die sich aktiv einmischten. Gümüşay war u. a. monatelang mit ihrem Mann (einem in muslimischen Zusammenhängen erfolgreichen Wirtschaftswissenschaftler) in Kairo und London.

Drei Passagen wurden verboten. Wir können hier diese drei Punkte leider nicht wiedergeben, da wir mit einer Wiederholung gegen das Urteil verstoßen würden. Die inkriminierten Passagen berühren aus unserer Sicht allerdings nicht den Kern unserer Aussagen. Wir haben alle drei Punkte korrigiert – und veröffentlichen hier den geänderten Text. Ein jeder und eine jede kann sich so selber ein Bild machen.

Es scheint uns jedoch wichtig, das alles nicht stillschweigend zu erledigen, sondern darüber zu berichten und die Vorgänge transparent zu machen. Denn JournalistInnen, die über islamische und islamistische AkteurInnen bzw. PropagandistInnen in Europa berichten, kennen das seit Jahren und Jahrzehnten zur Genüge: Dass sie wegen ihrer Veröffentlichungen eingeschüchtert, bedroht oder verklagt werden, auch und gerade, wenn es sich – wie bei EMMA in der Mehrzahl der Punkte – um legitime Äußerungen handelt.

Diese Manöver kosten Zeit und Geld und Nerven.

Bei EMMA entscheide ich als Verlegerin und Chefredakteurin selber, ob ich trotzdem das Risiko einer Veröffentlichung eingehe – und ich gehe es oft ein. Das belegen zahlreiche Artikel in EMMA seit 1979 (!) und meine insgesamt drei Bücher als Herausgeberin zu der weltweiten Offensive des Islamismus, zuletzt „Der Schock“ (Mai 2016) apropos der Silvesternacht 2015/16 in Köln.

Antisemitismus-Forscher Bensoussan wurde für seine Benennung des muslimischen Antisemitismus wg. "Aufstachelung zum Hass" angeklagt. - Foto: Imago/Leemage
Antisemitismus-Forscher Bensoussan wurde für seine Benennung des muslimischen Antisemitismus wg. "Aufstachelung zum Hass" angeklagt. - Foto: Imago/Leemage

In Frankreich macht schon lange das böse Wort vom „Djihad Juridique“ die Runde, vom juristischen Djihad. Gerade steht dort der Historiker Georges Bensoussan in der Berufungsinstanz vor einem Strafgericht. Der Antisemitismusforscher und Autor mehrerer Bücher ist wegen kritischer Anmerkungen über den grassierenden Antisemitismus im muslimischen Milieu in einem Radio-Interview mit Alain Finkielkraut angeklagt.

Bensoussan hatte in der Sendung u.a. gesagt: „Unter uns befindet sich heute ein anderes Volk, das im Herzen der französischen Nation eine Reihe unserer demokratischen Werte zurückdrängt, auf denen wir stehen.“ Und er fuhr fort: „Wir können den virulenten, eingefleischten Antisemitismus, den die Studie Fondapol von Dominique Reynié im letzten Jahr belegt hat, nicht länger verschweigen (...). Es wird keine Integration geben, solange man sich nicht von diesem vererbten Antisemitismus, der wie ein Geheimnis verschwiegen wird, befreit hat.“

Mehrere als „links“ geltende Organisationen haben den Antisemitismusforscher daraufhin wegen „Aufstachelung zu radikalem Hass“ angezeigt, darunter: das „Kollektiv gegen Islamophobie in Frankreich“ (CCIF), die Menschenrechtsliga (LDH) und die „Bewegung gegen Rassismus und für die Freundschaft unter den Völkern“ (MRAP). In erster Instanz wurde der Franzose freigesprochen – doch der Staatsanwalt legte Berufung ein.

Seit zweieinhalb Jahren nun schlägt der renommierte Intellektuelle sich mit dieser Anklage herum.

„Ich werde als ‚Rassist‘ bezeichnet wegen einer aus dem Kontext gerissenen Bemerkung“, klagte der Historiker vor Gericht. Und er fügte hinzu, man habe ihn sogar mit Antisemiten im Vichy-Regime (das mit den Nazis kollaboriert hatte) verglichen: „Man verwendet die Argumente gegen die Vernichtung der Juden also gegen einen jüdischen Historiker.“ Bensoussan ist u.a. verantwortlich für die Veröffentlichungen des „Mémorial de la Shoa“ in Paris.

Als „kafkaesk“ bezeichnete die Berichterstatterin des Wochenmagazins Marianne die Atmosphäre im Gerichtssaal, und in der Tat: ausgerechnet einen französischen Juden marokkanischer Herkunft, der den Antisemitismus im muslimischen Kulturkreis erforscht, als Hassprediger zu diffamieren, das ist wahrhaft kafkaesk.

Pro Bensoussan marschierte am 29. März eine Riege renommierter Intellektueller vor Gericht auf. Das Urteil soll am 26. Mai verkündet werden. Man darf gespannt sein, wie es ausgeht. Denn hier steht nicht nur ein Mensch vor Gericht, sondern auch die Meinungsfreiheit – allem voran das Recht, den unstreitigen weit verbreiteten Antisemitismus in muslimischen Kreisen beim Namen zu nennen. Denn es gilt: Nur wer ein Problem erkennt und auch benennt, kann es auch beheben.

Allerdings: Allein die Tatsache, dass ein französisches Gericht diese absurde Anklage überhaupt zugelassen hat, spricht schon Bände. Bände in Bezug auf ein Klima der Einschüchterung, sobald der Vorwurf der „Islamophobie“ bzw. des „Rassismus“ von selbst ernannten „Anti-Rassisten“ erhoben wird. In der Regel gegen KritikerInnen des politisierten Islam.

Höchste Zeit also für alle, die in der Tradition der Aufklärung stehen, sich durch dererlei Diffamationen, Drohungen oder Klagen nicht länger einschüchtern zu lassen. In Frankreich haben sich bereits Intellektuelle zusammengeschlossen gegen falsche Rassismus-Vorwürfe und islamistische Propaganda. In Deutschland steht so ein Schulterschluss noch aus.

Alice Schwarzer

 

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