Beauvoir in Bonn: Kartenverlosung!
Wer in Paris Simone de Beauvoirs Grab besucht – auf dem Friedhof Montparnasse, erste Reihe rechts, fünftes Grab –, kommt aus dem Staunen nicht heraus. Das schlichte, sandsteinfarbene Grab, in dem sie zusammen mit ihrem Weggefährten Jean-Paul Sartre liegt, ist immer, einfach immer übersäht mit Liebeserklärungen aus der ganzen Welt, in allen Sprachen: Briefe, bekritzelte Metrokarten, Blumen, Steinchen. Es gilt der Frau, die 1949 das Schlüsselwerk der Moderne zur Emanzipation veröffentlichte, „Das andere Geschlecht“, und die einmal gesagt hat: „Mein Leben ist mein Werk.“
Jetzt holte die Bundeskunsthalle in Bonn Simone nach Deutschland. In der Ausstellung, die sich mit Dokumenten, Tonaufnahmen und einem Film durch drei Räume zieht, geht es zentral um das Schlüsselwerk des modernen Feminismus, „Das andere Geschlecht“. Im Mittelpunkt steht die Entstehung dieses 900-Seiten-Essays und sein philosophischer Kontext ebenso wie die Rezeptionsgeschichte dieser „Bibel des Feminismus“. Die währt bis heute an – und vielleicht ist Beauvoir im 21. Jahrhundert mindestens so aktuell wie vor 73 Jahren oder 50 Jahren, beim Aufbruch der Neuen Frauenbewegung.
Die Diskussion zwischen biologischem und kulturellem Geschlecht ist heißer denn je
Auch zu der aktuell so heißen Debatte zum Unterschied zwischen dem biologischen und dem kulturellen Geschlecht, zu Sex and Gender, sowie zur Identitätspolitik hat Beauvoir Aufschlussreiches zu sagen. Sie schließt ihr Jahrhundertwerk mit den Worten: „Es ist die Aufgabe des Menschen, dem Reich der Freiheit inmitten der gegebenen Welt zum Durchbruch zu verhelfen. Damit dieser höchste Sieg errungen werden kann, ist es unter anderem notwendig, dass Männer und Frauen über ihre natürlichen Unterschiede hinaus unmissverständlich ihre Brüderlichkeit behaupten“ (heute würde sie wohl schreiben „Geschwisterlichkeit“, Hervorh. d. Red.)
Das heißt: Die radikale Vordenkerin des modernen Feminismus und Universalistin ist zwar für die totale Dekonstruktion, wie man heute sagen würde, des kulturellen Geschlechts – versteht jedoch gleichzeitig das biologische Geschlecht, „die natürlichen Unterschiede“, als unverrückbare Tatsache.
In den Interviews, die Alice Schwarzer in den Jahren 1972 bis 1982 mit Beauvoir geführt hat, spottete Simone de Beauvoir schon 1976: „Das ewig Weibliche ist eine Lüge.“ Und präzisierte: „Solange es als Hauptaufgabe der Frau gilt, Kinder zu bekommen, wird sie sich eben kaum um Politik oder Technologie kümmern, und: sie wird den Männern nicht ihre Überlegenheit streitig machen (…) Da man den Frauen schlecht sagen kann, es sei eine heilige Aufgabe, Töpfe zu spülen, sagt man ihnen: Es ist eine heilige Aufgabe, Kinder zu erziehen. Aber Kinder großziehen, das hat, so wie die Welt heute ist, eben sehr viel mit dem Töpfe-Spülen zu tun. Auf die Art treibt man die Frauen zurück in die Lage eines relativen Wesens, eines zweitklassigen Menschen.“
Zu sehen ist der Film, den Alice Schwarzer über Simone de Beauvoir gemacht hat
Im dritten Raum der Ausstellung wird das Filmporträt gezeigt, das Alice Schwarzer 1973 in Paris und Rom über Simone de Beauvoir gemacht hat (45 Minuten, für das deutsche Fernsehen). Darin sieht man eine ungewöhnlich entspannte und lebensfrohe Beauvoir sowie eine einmalige Szene: Auf der Terrasse ihres Hotels in Rom, in der Albergo Nationale, reden Beauvoir und Sartre gemeinsam über ihre Liebe und ihren Deal einer „offenen Beziehung“. Für „die Dritten“ war das oft schmerzhaft, bekannte Beauvoir zerknirscht.
Museumsdirektorin Eva Kraus und Kuratorin Katharina Chrubasik organisieren begleitend zur Ausstellung ein aktuelles Rahmenprogramm.
EMMA verlost 10 x 2 Eintrittskarten plus Ausstellungskatalog! Einsendeschluss ist Montag, 3. Oktober, bis 20 Uhr. Senden Sie einfach eine E-Mail mit vollständiger Anschrift an die EMMA-Redaktion mit dem Stichwort „Verlosung Beauvoir-Ausstellung“.
Die Eintrittskarten haben Gültigkeit bis zum Ausstellungsende am 16.10.22. Die GewinnerInnen werden per E-Mail benachrichtigt. Viel Erfolg!
„Simone de Beauvoir und Das andere Geschlecht“, bis 16. Oktober in der Bundeskunsthalle Bonn. www.bundeskunsthalle.de