Hilferuf zum 12. Juni aus dem Iran:
Gerade erreicht EMMA ein neuer Hilferuf der "Feministischen StudentInnen", mit denen wir seit fünf Jahren in Verbindung stehen. Wer immer sich genau hinter diesem Namen verbergen mag, eines ist sicher: Es sind Menschen, die verzweifelt um ihre elementarsten Menschenrechte und die Freiheit kämpfen.
Liebe Schwestern,
wir haben keine andere Wahl, als uns wieder an euch zu wenden, da unsere Verzweiflung immer größer wird. Am 12. Juni, ist der Jahrestag der manipulierten/gefälschten Wahl im Iran. Der Protest der iranischen Bevölkerung unter dem Motto "Wo ist meine Stimme?" ist wichtiger denn je. Das iranische Volk, seiner Stimme beraubt, steht unter einem unvorstellbaren Druck zu schweigen.
Wie erwartet, hat das Regime nicht die Absicht, uns protestieren zu lassen. Führende Funktionäre des Regimes haben bereits unverblümt Drohungen an die Protestbewegung, der zurzeit die Mehrheit der iranischen Öffentlichkeit angehört, gerichtet.
Die Generalprobe für die Repression am Protesttag fand schon am 4. Juni, dem Todestag des Imam Khomeini, statt. Unverhohlene Drohungen wurden an die Führung der Protestbewegung gerichtet. Mehdi Karoubi wurde rüde herumgestoßen. Und der Enkel Khomeinis wurde während seiner Gedenkrede an seinen Großvater gewaltsam unterbrochen. Welche Ironie der Geschichte, dass der Enkel des Initiators der islamischen Revolution für radikale Veränderungen eintritt.
Das Regime hat eine Serie von Inhaftierungen und Entführungen gestartet, um die Menschen einzuschüchtern. Hier zwei von vielen möglichen Beispielen:
Shadi Sadr, 35, iranische Frauenrechtsaktivistin wurde wegen eines Protestes im Jahr 2007 nach islamischem Recht in Abwesenheit wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt zu fünf Jahren Haft und zu einem weiteren Jahr und 74 Schlägen wegen Störung der öffentlichen Ordnung verurteilt (Anm.d.Red.:Sadr ist zur Zeit in Deutschland). Mahbubeh Abbas Gholi-Zadeh, die bei der „Eine-Million-Unterschriften-Kampagne“ mitmachte, wurde zu zwei Jahren Haft und 30 Schlägen verurteilt. Auch sie befindet sich zurzeit im Ausland.
Für das Schicksal all dieser Menschen sind auch die konservativen Parlamentsmitglieder mit verantwortlich, die forderten, die Verhandlung für die - von der Justiz so genannten - "Hassführer" zu beschleunigen und noch vor dem Jahrestag der Wahl zu beenden. 174 konservative Mitglieder des iranischen Parlaments schrieben einen Brief mit dieser Forderung an Ayatollah Sadigh Larijani und ließen ihn öffentlich im Parlament verlesen.
Im Vorfeld des Jahrestages der Wahl erhielten wir Informationen von Freunden über eine Anordnung des Ministeriums für Staatssicherheit und Nachrichtendienste an HERASAT (ein dem Ministerium unterstellter Sicherheitsdienst in Teheran), Truppen vorzubereiten, um am 12. Juni „die Randalierer niederzuwerfen“.
Das Regime in Iran rekrutiert und bezahlt Menschen, damit diese große Demonstrationen als Zeichen ihrer Unterstützung der Regierung abhalten, wenn die grüne Bewegung und die Regierungsgegner den 12. Juni nutzen, um an diesem Tag an den (eigentlichen) Sieg des Volkes zu gedenken.
Der Plan wurde an einem Meeting der Repräsentanten des Teheraner Bezirksrats, der Inneren Sicherheitskräfte, der Islamischen Revolutionären Garde (IRGC) und der Iranische Geheimdienst (MIOS) entworfen.
Wir haben eine Eil-Kampagne für alle AktivistInnen der Grünen Bewegung gestartet, damit die Menschen vorsichtig und wachsam sind. Wie auch immer: Wir haben vor zu demonstrieren, mit oder ohne Zustimmung des Regimes. Und wir hoffen, dass unsere Stimme auf der ganzen Welt gehört wird.
Liebe Schwestern, dies ist ein Test für das iranische Volk, aber auch für die freie Welt. Die iranischen Führer müssen verstehen, dass das Töten der eigenen Bevölkerung gegen alle internationalen moralischen Normen verstößt. Und, dass die Welt das Recht und die Möglichkeit hat, einzugreifen und das Regime zu stoppen. Die Repräsentanten offiziellen Iran, die in euren Ländern leben, wären die Ansprechpartner.
Neben den Mitarbeitern der Iranischen Botschaft, sollten Leute von Firmen, die die Interessen des Regimes vertreten; Kulturzentren, Iranischen Fluggesellschaften und Iranischen Wirtschaftsunternehmen angesprochen werden.
Wir bereiten uns auf diesen Tag vor. Unterstützung von außen wird uns stärken. Jeder Schritt, den Sie und die Menschen in Ihren Ländern machen, wird uns ermutigen und uns Hoffnung geben, dass wir nicht alleine sind.
Herzlich,
feministische StudentInnen in Iran
feminist-stud-iran(at)asiamail.com
EMMAonline, 10.6.2010
Protestieren
Botschaft der Islamischen Republik Iran in Berlin,
iran.botschaft@t-online.de ,
Iran Air Deutschland, Geschäftsleitung,
rajabi@iranair.com,
info@iranair.deIran Aseman Airlines,
info@iaa.irKish Air, Kontaktformular
Mahan Air, Deutschland:
dus@office.mahanairlines.com
Auswärtiges Amt, Kontaktformular
Demos
In EMMA u.a. zum Thema:
Der Widerstand ist weiblich (1/10)
Die Hilferufe werden lauter (2/09)
Terrorwelle im Iran (4/07)
Ein Brief aus dem Iran (4/07)
Shirin Ebadi im Gespräch mit Alice Schwarzer (3/06)
Shirin Ebadi: "Ich habe keine Angst!" (3/06)
Hilferuf aus dem Iran (5/05)
Die Betrogenen (5/79)
EMMA-Kampagne Islamismus
Zum Weiterlesen:
Alice Schwarzer (Hrsg)
'Die Gotteskrieger und die falsche Toleranz'
Kiepenheuer & Witsch, TB, 2002
(Erhältlich im EMMA-Shop)
Iranerinnen im Internet
www.sign4change.info/english
www.feministschool.com
www.meydaan.com
www.shabakeh.de
www.iran-women-solidarity.net/spip.php?rubrique6