„Anti-Rassisten“ schiessen Eigentor
Unter dem Titel „Migration steuern, Pluralität gestalten“ veranstaltet die Islamforscherin Prof. Susanne Schröter am 28. April (ab 10 Uhr) eine hochkompetent besetzte Konferenz. Die Direktorin des „Frankfurter Forschungszentrums Globaler Islam“ (FFGI) hat u.a. als ReferentInnen geladen: den Präsidenten des Deutschen Lehrerverbandes Heinz-Peter Meidinger und die Migrationsforscherin Sandra Kostner, den Islamwissenschaftler Ralph Ghadban und den Migrationsforscher Ruud Koopmans. Sowie den grünen Rebellen Boris Palmer, Oberbürgermeister von Tübingen. Schirmherr ist der hessische Ministerpräsident Boris Rhein, Hessens Justizminister Prof. Roman Poseck spricht ein Grußwort.
Die Zusammensetzung aus WissenschaftlerInnen und PraktikerInnen verspricht einen interessanten Austausch. „Wir sind aufgerufen, die Baustellen beim Thema Einwanderung in den Blick zu nehmen – von der Überlastung der Kommunen bis hin zum Islamismus“, erklärt Susanne Schröter.
Doch auch diesmal gab es bereits im Vorfeld der Konferenz eine scharfe Attacke auf die Professorin und ihr „Frankfurter Forschungszentrum Globaler Islam“. Vorwurf: Die eingeladenen ReferentInnen ständen für „rechte Positionen“.
Schon die Proteste zur Kopftuch-Konferenz 2019 in Frankfurt waren Rohrkrepierer
Susanne Schröter ist diese Art Angriffe gewohnt. Schon 2019, als die Ethnologin zu einer Konferenz zum Thema „Das islamische Kopftuch – Symbol der Würde oder der Unterdrückung?“ geladen hatte, gab es im Vorfeld heftige Attacken. Unter dem Hashtag #SchröterRaus wurde – im Schutze der Anonymität - die Entlassung der Professorin gefordert. Der Vorwurf: „Antimuslimischer Rassismus“. Das Panel sei einseitig besetzt – und das, obwohl Schröter mit Khola Maryam Hübsch und Dina El Omari neben Alice Schwarzer auch zwei dezidierte Befürworterinnen (und Trägerinnen) des Kopftuchs eingeladen hatte.
Die Proteste erwiesen sich allerdings als Rohrkrepierer: Vor Ort wagten sich nur etwa ein Dutzend DemonstrantInnen aus der Deckung (die aus einem Gespräch mit Schwarzer einen Skandal zu inszenieren versuchten). Universität und AStA aber solidarisierten sich mit Schröter. „Die Proteste gegen die Konferenz waren der Versuch, ein Exempel zu statuieren. Dieser Angriff konnte komplett abgewehrt werden“, erklärte Schröter damals.
Dieses Mal allerdings kommt der Protest nicht aus dem anonymen Netz, sondern von einem SPD-Politiker. Jan Pasternack, Mitglied im Landesvorstand der SPD Hessen, fuhr schwere Geschütze auf: Das Panel sei einseitig besetzt, die ReferentInnen seien bekannt für „rechte Positionen“, behauptete der 36-jährige Politikwissenschaftler und Fachbereichsleiter für „Sozialen Zusammenhalt“ an der Frankfurter Volkshochschule. Fakt ist: Viele ReferentInnen haben eine dezidiert kritische Position zum Islamismus, wie zum Beispiel auch der Psychologe und Muslim Ahmad Mansour - der mit Jugendlichen in der Extremismus-Prävention arbeitet und dafür gerade mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet wurde - oder der Clan-Experte Ralph Ghadban.
Susanne Schröter: "Das war wieder mal der Versuch, eine Debatte zu verhindern."
Insbesondere die Einladung von Boris Palmer erklärte Pasternack zum No-Go: „Boris Palmer ist objektiv nicht qualifiziert, sich zu diesem Thema fachlich zu äußern.“ Der Tübinger Oberbürgermeister – der im Oktober 2022 mit absoluter Mehrheit für eine dritte Amtszeit gewählt wurde - hatte im Februar 2023 gemeinsam mit 300 weiteren „Vert Realos“ ein „Memorandum für eine andere Migrationspolitik“ mitinitiiert. Darin fordern die grünen Realos u.a. eine „bessere Verteilung von Schutzsuchenden“, „ein deutlich größeres Angebot an Deutsch-Kursen und Kita-Plätzen“ oder „Maßnahmen zur Beseitigung des Wohnraummangels“. Eine „rechte Position“?
Der SPD-Politiker Pasternack, der laut Eigenbeschreibung den „Kampf gegen Rassismus und Rechtsextremismus ernst nimmt“, forderte allen Ernstes Ministerpräsident Rhein (CDU) auf, die Schirmherrschaft für die Konferenz abzugeben. Außerdem sieht er Wissenschaftsministerin Angela Dorn (Grüne) „in der Pflicht zu prüfen, ob das FFGI seinem Forschungsauftrag gerecht werde“. Denn: Die Auswahl der ReferentInnen sei ein weiteres Beispiel für die „populistischen Themenschwerpunkte“ des „so genannten Forschungszentrums“. Will heißen: Die Ministerin soll Schröter und ihrem Zentrum den Geldhahn abdrehen.
Doch der Versuch, die islamismuskritische Forscherin an- oder sogar abzuschießen, ging wieder mal nach hinten los. Die hessische Staatskanzlei erklärte, der Ministerpräsident sehe keinerlei Anlass, von der Schirmherrschaft abzusehen. Die hessische SPD ließ verlauten: „Für die SPD – in Hessen und darüber hinaus – sind sowohl die Meinungs- als auch die Wissenschaftsfreiheit zwei hohe Güter, die nicht gegeneinander ausgespielt werden dürfen.“
Die Medien berichteten kritisch über die „Debatten-Unkultur“ (Frankfurter Neue Presse), die FAZ erklärte: „Was linke Forscher für sich in Anspruch nehmen, gilt auch für die Frankfurter Ethnologin Susanne Schröter: Ihre Finanzierung darf nicht davon abhängen, wen sie zu Konferenzen einlädt.“ Und auch auf Twitter bekam Pasternak scharfen Gegenwind.
Der so forsche SPD-Politiker, der im Herbst als Kandidat bei den Landtagswahlen antritt, ist inzwischen zurückgerudert. Er habe die Arbeit Susanne Schröters und ihres Forschungszentrums „stets geschätzt“ und würde „manches jetzt anders formulieren“. Vor allem würde er nicht mehr „auf das Forschungsgeld des Landes abheben“.
Susanne Schröter selbst scheint bei derlei Angriffen inzwischen eine gewisse Routine entwickelt zu haben. „Das war wieder einmal der Versuch, eine Debatte zu verhindern“, sagt die Ethnologin im Gespräch mit EMMA. Aber das sei „auch diesmal wieder überhaupt nicht durchgegangen.“ Das Ganze habe gezeigt: „Alles, was nicht der Meinung woker Akteure entspricht, als Rassismus zu diskreditieren, ist eine Verirrung – und am Ende kontraproduktiv für sie.“
Hier das Programm zur Fachtagung, Anmeldung unter: ffgi@normativeorders.net - Die Tagung wird live gestreamt und kann auch später unter diesem Link angeschaut werden.