EU-Parlament dreht durch!
Am 28. November verabschiedete das Europäische Parlament eine weitere Resolution mit dem martialisch anmutenden Titel „Verstärkung der unerschütterlichen Unterstützung der EU für die Ukraine gegen Russlands Angriffskrieg und die zunehmende militärische Zusammenarbeit zwischen Nordkorea und Russland“. Diese Resolution wurde mit einer Mehrheit von Konservativen, Sozialisten, Liberalen und Grünen angenommen. Die darin enthaltenen Forderungen lassen selbst einem neutralen Beobachter das Blut in den Adern gefrieren.
Bereits im Juli hatte das Parlament eine Resolution verabschiedet, in der faktisch zu einem Totalen Krieg gegen Russland aufgerufen wurde. Doch diese neue Resolution geht noch weiter – sie gleicht beinahe einem Aufruf zum Dritten Weltkrieg.
Das Europäische Parlament erklärt darin, dass die Drohungen Russlands, auf Angriffe mit Nuklearschlägen zu reagieren, die EU keinesfalls davon abhalten würden, die Ukraine weiterhin militärisch zu unterstützen. Und dann wird es konkret: Gefordert werden die sofortige Lieferung von Kampfflugzeugen und Langstrecken-Marschflugkörpern, einschließlich der Taurus-Marschflugkörper. Auffallend ist, dass die Resolution keinerlei Einschränkungen für den Einsatz dieser Waffen vorsieht – ganz Russland könnte somit zum Ziel werden.
Unerwähnt bleiben die Folgen einer direkten Nato-Beteiligung im Ukraine-Krieg
Lobend wird angemerkt, dass Frankreich, das Vereinigte Königreich und die USA ihre Marschflugkörper (SCALP, Storm Shadow und ATACMS) bereits für Angriffe auf russisches Gebiet freigegeben haben. Dass diese hochkomplexen Waffensysteme in der Regel von NATO-Soldaten bedient werden müssen und dies somit eine direkte Beteiligung der NATO im Ukraine-Krieg bedeuten würde, wird in der Resolution nicht erwähnt. Auch die möglichen Reaktionen Russlands - russische Raketen auf den Westen - auf eine solche Eskalation bleiben unerwähnt.
Über die Gefahr, dass ein direkter NATO-Angriff auf Russland einen Dritten Weltkrieg und möglicherweise einen nuklearen Konflikt auslösen könnte, findet sich kein Wort. Ebenso wenig wird thematisiert, dass ein solcher Krieg zwangsläufig auf europäischem Boden ausgetragen würde - allen voran in Deutschland, das zum Aufmarsch- und Schlachtfeld würde - und welche verheerenden Konsequenzen das für die europäischen Bürger hätte.
Doch warum auch? Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments agieren in einer abgeschotteten Blase, die offenbar längst den Bezug zur Realität außerhalb ihrer Institution verloren hat.
Kein Wort über die verheerenden Konsequenzen für die europäischen Bürger
Die 13-seitige Resolution liest sich wie eine Liste aus Anschuldigungen, Drohungen, Forderungen nach Waffenlieferungen, mehr Geld für den Krieg und Aufrufe zu weiteren Sanktionen. Nur eine Sache fehlt gänzlich: ein Ansatz für eine friedliche Lösung des Konflikts. Kein einziger Satz ist diplomatischen Schritten oder Verhandlungen gewidmet. Das Ziel der Parlamentsmehrheit ist klar: der Sieg über Russland – koste es, was es wolle.
Die Zeit drängt offenbar. Während der Debatte wurde mehrfach darauf hingewiesen, dass das Zeitfenster klein sei, da die Amtseinführung von Donald Trump als US-Präsident bevorsteht. Ziel sei es, Russland in den verbleibenden Wochen noch in die Knie zu zwingen. Dazu fordert die Resolution die EU-Mitgliedsstaaten auf, bei einem künftigen Präsidenten Trump vorstellig zu werden und ihn von der Notwendigkeit eines Sieges über Russland zu überzeugen. Doch dieser Appell klingt wenig überzeugend. Es könnte gar zu der bizarren Situation kommen, dass ausgerechnet Trump die Europäer vor der Kriegshysterie ihrer politischen Eliten bewahrt.
Diese Resolution ist ein Dokument voller Hass, Panik und Hysterie – ein beschämender Ausdruck von Verantwortungslosigkeit und Empathielosigkeit für die vielen Opfer einer derartigen Kriegshetze. Für uns Europäer gibt es daran nichts, worauf wir stolz sein könnten.
Das Ziel der Parlamentsmehrheit: Ein Sieg über Russland - koste es, was es wolle
Glücklicherweise wird diese Resolution wohl kaum direkte politische Auswirkungen auf den Ukraine-Krieg haben. Das Europäische Parlament hat lediglich erneut unter Beweis gestellt, dass es sich in vielen Fragen wie eine „Entscheidungsattrappe“ verhält – in diesem Fall ein Glück für uns alle.
Für mich, der ich immer ein glühender Anhänger der europäischen Idee gewesen bin, ist es schmerzhaft, die Debatten einer kriegslüsternen und hasserfüllten Parlamentsmehrheit mitanzuhören. Ich frage mich dann: Was für ein Monster haben wir mit der EU erschaffen?
MICHAEL VON DER SCHULENBURG
Der Autor war jahrzehntelang hochrangiger UN-Diplomat und Vermittler in internationalen Konflikten. Er ist seit Juli 2024 für das BSW EU-Abgeordneter im Brüssel.