Der Fall Kachelmann: "Kranke

Artikel teilen

„Recht und Gerechtigkeit klaffen weit auseinander!“ beklagt der Bundesverband der Frauennotruf und Frauenberatungsstellen (bff) und nennt die bedrückenden Zahlen: Jede siebte Frau in Deutschland erlebt laut einer Studie des Bundesfamilienministeriums einmal in ihrem Leben eine Vergewaltigung oder schwere Form sexueller Nötigung. Nur fünf Prozent der Betroffenen zeigen die Tat überhaupt an. Nur jedes siebte Verfahren endet mit einer Verurteilung. Fazit: „Dieses Missverhältnis ist ein Skandal für unser Rechtssystem.“

Anzeige

Die Opferorganisationen, die die „kriminellen Rächerinnen“ (Kachelmann) unterstützen, schlagen nun Alarm. Denn es geht hier um weit mehr als den einen individuellen Fall. Es geht um die Diffamation aller Opfer und ihrer UnterstützerInnen sowie die Manipulation des gesellschaftlichen Klimas. Terre des Femmes: „Durch die öffentlichkeitswirksamen Prozesse um Kachelmann und Strauss-Kahn und der damit einhergehenden Diffamierung der Frauen als Lügnerinnen manifestiert sich in der Gesellschaft ein Bild von rachsüchtigen Frauen, deren Hobby es ist, erfundene Vergewaltigungen anzuzeigen“, erklärt die Frauenrechtsorganisation. „Die Unschuldsvermutung, die ihm den Freispruch bescherte, münzt Kachelmann um in eine Schuldvermutung gegenüber allen Opfern: Sie lügen.“

Und re-empowerment bestätigt: „Die aktuelle Schlammschlacht um Jörg Kachelmanns Buchveröffentlichung und die dazugehörige Interviewkampagne, in der er seine ehemalige Freundin als Kriminelle bezeichnet, führt uns allen deutlich vor Augen, was unzählige Frauen davon abhält, sexuelle Gewalt anzuzeigen.

Kachelmanns Falschanzeigen-Propaganda erzeugt dabei ein Klima, das von männlicher Gewalt betroffene Frauen dazu anhält, diese weiterhin stillschweigend zu erdulden. Denn: Wer soll ihnen schon glauben?“ Das „Forum von und für Frauen gegen Partnerschaftsgewalt“ weiter: „Die Botschaft ist eindeutig: Die einzelne Betroffene hat keine Chance gegen den mächtigen Gegner. Ihr Leiden wird negiert, sie wird gewaltsam in die Rolle der Täterin gepresst und öffentlich als ‚Kriminelle’ gehandelt.“

Dabei ist nicht nur Kachelmanns Freude groß, sich in den Medien, allen voran im Spiegel, als Opfer einer Justiz „im Blutrausch“ stilisieren zu können, auch seine Sympathisanten bei den Väterrechtlern und Maskulisten reiben sich die Hände. „Kachelmann geht jetzt so vor wie der Väteraufbruch seit 20 Jahren“, weiß Eva-Marie Nicolai, Sprecherin der „Bundesarbeitsgemeinschaft Feministischer Organisationen gegen Sexuelle Gewalt an Mädchen und Frauen“ (BAG Forsa), unter deren Dach auch zahlreiche Wildwasser-Beratungsstellen arbeiten.

„Kachelmann ist die sprechende Handpuppe des strategischen Arms der Maskulisten“, spottet re-empowerment. Und diesen gut vernetzten Männerbünden kommt die grassierende Falschbeschuldigungs-Propaganda gerade recht: „Mehrere der sich mit ihm solidarisierenden Gruppierungen fordern bereits die Abschaffung des Vergewaltigungsparagraphen.“

Weiterlesen
Kampagne: "Ich habe nicht angezeigt, weil..." (8.5.2012, EMMAonline)
Dossier: Sexuelle Gewalt und Gerechtigkeit (EMMA 4/2011)
Dossier: Vergewaltigung - das straflose Verbrechen (EMMA 4/2010)

 

Artikel teilen
 
Zur Startseite