Chronik eines Shitstorms
Am 29. Oktober lancierte EMMA auf ihrer Website die Kampagne #EMMAistfuermich und den Hashtag auf Twitter. Abonnentinnen erklärten, was EMMA für sie bedeutet. Nämlich viel. Innerhalb weniger Tage aber war die Aktion umgedreht: Nun posteten ein paar hundert Frauen (und auch etliche Männer) gegen die 25.000 EMMA-Abonnentinnen. Diese GegnerInnen schätzen EMMA nicht und sie lesen sie auch nicht. Das ist ihr gutes Recht. Das Problem ist nur, dass sie dennoch genau zu wissen vorgeben, was von EMMA zu halten ist: nämlich nichts.
Eine der ersten EMMA-Gegnerinnen war eine gewisse Sonja Dolinsek. Sie twitterte „#EMMAistfuermich wenn man den Unterschied zwischen der ‚eigenen Meinung‘ und dem ‚zwanghaften Aufdrücken der eigenen Meinung' nicht kennt‘“. Die in Sachen Pro-Prostitution seit Monaten omnipräsente Dolinsek hatte bisher reichlich Gelegenheit, ihre Meinung kundzutun und nutzte sie. Zum Beispiel auf EMMA-Veranstaltungen (wo sie versuchte, die DiskutantInnen niederzubrüllen) oder in ihrem Blog „Menschenhandel heute“. Darin leugnet sie jeglichen Zusammenhang von Menschenhandel & Prostitution und nennt den EMMA-Appell gegen Prostitution eine „Hurenphobie, als Feminismus getarnt“. Sie nimmt sich die Freiheit, dieser Meinung zu sein. Wir hindern sie nicht daran.
Gekapert wurde
der Hashtag von
Feministinnen
pro Prostitution
& pro Kopftuch.
Wo von Freiheit und Prostitution die Rede ist, da kann Johanna Weber, Sprecherin des „Berufsverbandes“ der „Sexarbeiter_innen“ nicht weit sein. Auch sie twitterte prompt: „#EMMAistfuermich die Beerdigung des Feminismus in Deutschland“. EMMA-Leserinnen ist Weber als professionelle „Domina“ mit menschenverachtenden Praktiken bekannt. Sie ist die Lobbyistin der Prostitutionsindustrie und fungiert auch als „Politikberaterin“. mehr
Da dürfen auch die von den Medien als „Netzfeministinnen“ bzw. „Jungfeministinnen“ gehypten einschlägigen Namen nicht fehlen. Als da sind: Anne Wizorek, Initiatorin des Hashtags #Aufschrei (der übrigens ebenfalls von GegnerInnen gekapert wurde); Stefanie Lohaus, Macherin von Missy; oder Nadine Lantzsch von der Mädchenmannschaft, ein Bloggerinnenkollektiv im Netz.
Wizorek twitterte: „#EMMAistfuermich und meine feministische entwicklung noch nie relevant gewesen.“ – Mag sein. Nur: Warum muss sie das immer und immer wieder betonen? Weil sie dank dieser Distanzierung von EMMA in den Medien zitiert wird? In einem Buch über den „neuen Feminismus“ und im Stern erklärte Wizorek jüngst, wofür sie steht: für die Rechte von Frauen, aber nicht von allen. Sie befürwortet die Burka mit dem Argument: „Ich finde es immer schwierig, wenn westliche Feministinnen ihre Vorstellung von Befreiung auf Frauen übertragen, von deren Lebensrealität sie wenig wissen… Kleidungsstücke sind eigentlich nicht der Punkt.“ – Was sie in der Tat als Nicht-EMMA-Leserin ausweist, denn EMMA-LeserInnen wissen etwas von den „Lebensrealitäten“ der Frauen in islamistischen Ländern.
Reden wir also
über unsere
Unterschiede
und Gegensätze!
Oder Lohaus, eine der fünf Missy –"Herausgeberinnen". Die twitterte: „#EMMAistfuermich Andersdenkende zu diffamieren und bloßzustellen.“ Aus dem Mund einer Frau, mit der EMMA vor gar nicht so langer Zeit noch ausführlich diskutierte und sie gar auf dem EMMA-Titel abbildete (2/2011), ist das besonders überraschend. In der Sache kritisiert - und nicht persönlich diffamiert - haben wir allerdings, dass auch Lohaus seit einiger Zeit auf allen Kanälen für das „Recht aufs Kopftuch“ plädiert, pro Pornografie und pro „selbstbestimmte Prostituierte“ („sex positiv“ heißt das).
Und dann wäre da noch Nadine Lantzsch von der Mädchenmannschaft. Der reichten die 140 Twitter-Zeichen nicht, sie schrieb gleich (wieder) einen ganzen Blog-Beitrag gegen EMMA. Da heißt es: „Es ist nicht erst seit gestern bekannt, dass die EMMA so ziemlich alles ist, nur nicht feministisch“, sondern „Paternalismus pur“. Woran man das erkennt? Weil EMMA es „oft genug nicht schafft, über die eigenen weißen, christlich geprägten, deutschen, frau=feminismus Tellerrand hinauszublicken“. Ihre Meinung, warum nicht. Allerdings: EMMA-Leserin kann auch sie nicht sein, sonst könnte sie so einen Quatsch nicht schreiben, ohne rot zu werden.
Fassen wir also zusammen: Gekapert wurde der Hashtag #EMMAistfuermich von Feministinnen, die, soweit wir sehen, kaum je ein kritisches Wort über so zentrale Bedrohungen wie den religiösen Fundamentalismus, allen voran den Islamismus, oder die Pornografie und Prostitution verloren haben. Und die möchten, dass EMMA endlich den Mund hält. So weit, so durchsichtig.
So richtig Wumm kriegte das Ganze allerdings erst, als SpiegelOnline die Missy-Macherin Katrin Gottschalk über den „Shitstorm auf EMMA“ schreiben ließ, Titel: „EMMA kriegt ordentlich was ab!“ Wie schön. Da freuen sich Spiegel und Missy.
Und nun fanden auch andere Medien die Geschichte berichtenswert, denn der Der Spiegel macht das (Medien)Gesetz. „Shitstorm über peinliche Aktion von Alice-Schwarzer-Blatt EMMA“ jubelte die Huffington Post. Nur: Wer ist da eigentlich peinlich? Die Leserinnen, denen EMMA wichtig ist?
#emmaistfürmich
ein Sprachrohr
für krankhaft
männerhassende
Lesben
Inzwischen hielt es auch unsere speziellen Freunde, die selbsternannten „Maskulisten“ nicht länger. So twitterte Männerstreik: „#EMMAistfuermich ein Sprachrohr für krankhaft männerhassende Lesben.“ Und Oliver Flesch tat kund: „#EMMAistfuermich für 7.50 Euro viel zu teuer. Für das Geld miete ich mir lieber eine High-Klass-Hure und nenne sie Alice.“ Alles klar.
Auf SpiegelOnline nutzte Missy-Macherin Gottschalk gleich auch die Gelegenheit und lancierte den von den Prostitutionslobbyistinnen Dolinsek und Weber befeuerten Hashtag: #Meinfeminismus. So schließen sich die Kreise.
In der Tat: Unser Feminismus ist das nicht, was sie und so manche ihrer Freundinnen vertreten. Was mit Alter oder Generationen nichts zu tun hat. Schließlich ist die Mehrheit der EMMA-Macherinnen im selben Alter wie die Missy-Macherinnen, und sind die EMMA-Leserinnen laut Leserinnen-Analyse die jüngsten aller Frauenzeitschriften. Nein, das hat was mit politischen Überzeugungen zu tun - und mit der Inflation des Etiketts Feminismus.
Reden wir also nicht länger so naiv über Gemeinsamkeiten und Schulterschluss, sondern ehrlich über Unterschiede und Gegensätze. Und tun wir nicht mehr so, als sei Feministin=Feministin.
Der Spiegel kann auch anders, siehe hier.