Keine Schlagzeile für Frauengipfel
Frau stelle sich nur einen kurzen Moment ein Treffen dieses Kalibers zu Zeiten vor, als Gerhard Schröder noch Kanzler war: Männer aus aller Herren Länder mit Macht und Einfluss in Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Medien setzen sich anlässlich Schröders G7-Präsidentschaft zum „Dialog“ im Bundeskanzleramt zusammen. Bei diesem Treffen geht es um nichts weniger als eine gemeinsame Erfolgsstrategie für die nächsten zehn bis 15 Jahre. Spätestens abends wären TV und Netz voll gewesen mit Fotos der Graurücken beim Handshake. Und am kommende Morgen die Titelblätter.
Gestern hat Bundeskanzlerin Angela Merkel anlässlich ihrer G7-Präsidentschaft 50 der mächtigsten und einflussreichsten Frauen aus 30 Ländern dieser Welt zum Dialog ins Kanzleramt geladen. Die jordanische Königin Raina und die liberianische Präsidentin Ellen Johnson Sirleaf reisten an. Auch die Neuseeländerin Helen Clark war anwesend, Leiterin des UN-Entwicklungsprogramms. Clark wird von einigen schon jetzt als die Nachfolgerin des UNO-Generalsekretärs Ban Ki-moon gehandelt. Melinda Gates, WHO-Generalsekretärin Margaret Chan und General-Motors-Chefin Mary Barra – auch sie nahmen Teil an dem Frauenforum. Bloß: Das Medienecho blieb aus. Frauen beim Handshake sind offenbar auch im Jahr 2015 nicht titeltauglich.
Mächtige Frauen beim Handshake - auch 2015 noch immer nicht titeltauglich?
Gut, jetzt ist das Thema Flüchtlinge akut. Und solche Dialog-Foren stehen im Vorfeld schon in dem Verdacht, dass sie keine großen Neuerungen zutage bringen. Aber das war bei den Treffen mächtiger Männer bisher ja auch nicht der Maßstab. Zudem ist das Signal des Frauen-Dialog-Forums zu Zeiten der Flüchtlings-Krise essentiell: Frauenrechte sind gesellschaftliche Stabilisatoren. Die gleichberechtigte Teilhabe an Politik, Bildung, Wirtschaft und auch an Innovationen wie der „digitalen Revolution“, der Zugang zum Gesundheitssystem und die Selbstbestimmung über den eigenen Körper in Reproduktionsfragen sind ausschlaggebend für eine demokratische und friedliche Gesellschaft. Plus: „Gewalt gegen Frauen ist ein Menschenrechtsproblem epidemischen Ausmaßes, das die Teilhabe der Frauen in allen Bereichen unterwandert.“ So steht es in dem Abschlussbericht des Frauenforums.
Aber von einer gleichberechtigten Welt sind wir noch sehr weit entfernt, so der Konsens. Auch Deutschland sei im Vergleich mit anderen Ländern in Sachen Gleichberechtigung „nicht besonders fortgeschritten“ erklärte Kanzlerin Merkel, die das Thema Emanzipation in dieser internationalen Runde überraschend direkt anging, gleich zu Beginn des Treffens. Stimmt. Die matte Resonanz auf das Treffen der Mächtigen lieferte dafür prompt den Beleg. Aber es waren ja auch nur Frauen.