Benigna Munsi: Das smarte Christkind
Weihnachten kann kommen. Das Fest der Liebe wirft bereits ein verheißungsvolles Licht voraus: ein ziemlich smartes Christkind! Am Freitag eröffnet die 17-jährige Benigna Munsi als solches den weltberühmten Nürnberger Christkindlesmarkt. Sie tritt mit blondgelockter Perückenmähne (alle Christkinder tragen diese Perücke, egal, welche Haarfarbe sie haben), goldenem Kleid und ihrem unschlagbaren Lächeln Punkt 17.30 Uhr vor die Menge. Sie wird von der Empore der Frauenkirche den traditionellen Prolog sprechen, mit dem jedes Jahr der Nürnberger Christkindlesmarkt eröffnet wird.
Eines Tages geht es uns wie den Indianern!
Medien aus der ganzen Welt werden vertreten sein. Den letzten großen Ansturm hatte Nürnberg 2017 mit der Geburt von Eisbärin Flocke. Jetzt wegen Benigna. In diesem Jahr setzt die 17-Jährige als Christkind ein Zeichen.
Kurz nach der Christkind-Wahl hatte ein Vertreter des AfD-Kreisverbandes München einen Post mit ihrem Bild in die Welt gejagt. Der Text dazu: „Nürnberg hat ein neues Christkind. Eines Tages wird es uns wie den Indianern gehen.“ Nürnbergs Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD) war empört: „Man müsste lachen, wenn man nicht wüsste, dass diese Typen es ernst meinen. Aber man könnte heulen über so viel Menschenfeindlichkeit.“
Benignas Vater ist Inder, daher ihre etwas dunklere Hautfarbe und die Angst des AfDlers, das Abendland könne schon bald in die ewigen Jagdgründe eingehen. Dabei liegt der Ursprung des Christentums ja tendenziell eher in Richtung Morgenland, aber das nur nebenbei.
Die frohe Botschaft: Benignas Freude, Christkind zu sein, ist ungebrochen, und dem Hass-Post Weniger folgte ein Schwall der Solidarität der großen Mehrheit. Benigna sagt: „Ich habe jetzt gelernt, was ein Candy-, ein Love-, ein Honeystorm ist!“ Menschen schrieben ihr, sie solle sich nicht einschüchtern lassen, sie sei das perfekte Christkind und der Großteil der Deutschen stehe voll und ganz hinter ihr.
Zur AfD hatte Benigna lange Zeit nichts gesagt. Bis zur Pressekonferenz am vergangenen Sonntag: „Es tut mir leid für die Menschen, die mit so einer Sicht durch die Welt gehen und sich nicht auf das fokussieren können, was wirklich wichtig ist.“ Es sei das erste Mal gewesen, dass sie wegen ihrer Hautfarbe und Aussehen angefeindet worden sei. Sie hofft darauf, dass in ihrer Generation irgendwann Herkunft oder Aussehen keine Rolle mehr spielten und das Verbindende im Vordergrund stehe.
Es sprachen auch die Eltern. Vater Kausik Munsi, der beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge arbeitet, ist mit 19 aus Indien nach Deutschland gekommen. Seit Jahren schon hat er die deutsche Staatsbürgerschaft, er schwärmt von der Stärke der Demokratie, von einem Deutschland, das ihn „mit offenen Armen“ empfangen habe. Die deutsche Mutter, Teresia-Benedicta Kleiner-Munsi, sieht das schon kritischer: „Es war immer klar, dass unsere Kinder Mischlinge sind und dass es dumme Leute gibt“, sagt sie.
Es war uns immer klar, dass es dumme Leute gibt!
Benigna, die auch 2020 noch das Christkind geben wird, ist nicht nur die ideale Besetzung für den Posten, sie ist sogar in der katholischen Kirchengemeinde St. Bonifaz aktiv als Ministrantin, spielt mehrere Instrumente, tanzte zwölf Jahre Ballett, turnte und spielt heute Fußball. Ihr Berufswunsch ist Schauspielerin. Erfahrungen hat sie bereits im Jugendclub des Nürnberger Staatstheaters gesammelt. Benigna spricht neben Deutsch und Englisch auch noch Portugiesisch und Spanisch. Ein internationales Christkind sozusagen.
Um Christkind sein zu dürfen, muss Frau folgende Voraussetzungen erfüllen: Die Anwärterinnen sollten möglichst in Nürnberg geboren sein und mindestens 1,60 Meter groß, schwindelfrei und wetterfest sein. Und „herzlich, offen und belastbar“ sollten sie auch sein. Das Christkind 2019 erfüllt all diese Kriterien.
Christkind Benigna, wir glauben an dich!