„Leuchtzeichen“ für Missbrauchsopfer

Maria Mesrian
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Maria, du bist bisher bekannt als das Gesicht von Maria 2.0. Nun hast du „Umsteuern! Robin Sisterhood“ mitgegründet. Was ist das?
Viele Menschen haben die katholische Kirche verlassen und viele verlassen sie immer noch, weil sie empört darüber sind, wie sexualisierte Gewalt über Jahrzehnte vertuscht wurde. Wir wollen diese Menschen dazu animieren, ihre Kirchensteuer – oder einen Teil davon – umzusteuern und damit Menschen zu helfen, die von der katholischen Kirche verletzt wurden. Robin Hood hat ja auch das Geld von den Reichen genommen und es an die Armen weiterverteilt. Wir sind im Projekt viele Frauen, deshalb die Sisterhood. Wir haben aber auch schon einige Männer an Bord, die gern Teil der Sisterhood sind. 

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Die Beratungsstelle „Leuchtzeichen“ ist nun euer erstes Projekt. 
Ja. Wir haben die erste unabhängige Beratungs- und Anlaufstelle gegründet für Menschen, die im kirchlichen Kontext von sexualisierter Gewalt betroffen sind. Das Besondere an dem Angebot ist, dass Betroffene es zusammen mit Nicht-Betroffenen entwickelt haben. Das Projekt ist also einerseits eine Anlaufstelle, an die man sich wenden und sich mit anderen Betroffenen austauschen kann. Es gibt aber auch eine Sozialpädagogin, Jeanette Berger, die professionelle Beratung anbietet. Sie arbeitet zunächst auf einer 450-Euro-Basis immer mittwochs. Aber wir sind natürlich bestrebt, das Angebot auszubauen. Dazu sind uns auch professionelle Frauen und Männer aus dem Beratungsbereich herzlich willkommen, die uns ehrenamtlich etwas ihrer Zeit spenden.  

Die Sozialpädagogin Jeanette Berger ist selbst auch eine Betroffene.
Genau, auch sie hat unter dem „Dach“ der Kirche sexuelle Gewalt erfahren. Wir sehen oft, dass es für Betroffene leichter ist, sich an jemanden zu wenden, der oder die gleiche Erfahrung gemacht hat. Wir werden außerdem unterstützt von Oliver Vogt, der jahrelang die Interventionsstelle im Erzbistums geleitet und daher sehr viel Erfahrung in dem Bereich hat. Er ist dann selbst aus der Kirche ausgetreten, weil er nicht mehr ausgehalten hat, wie die Kirche mit den Opfern umging.

Unterstützt „Leuchtzeichen“ denn auch dabei, eine Entschädigung von der Kirche zu bekommen?
Ja, natürlich. Damit haben sowohl unsere Beraterin Jeanette Berger als auch Oliver Vogt viel Erfahrung.

Die Bistümer haben inzwischen selbst Anlaufstellen für Missbrauchs-Opfer eingerichtet.
Ja. Aber wenn wir Veranstaltungen machen, sei es von Maria 2.0 oder aber mit Karl Haucke, dem ehemaligen Sprecher des Kölner Betroffenenbeirats, sehen wir, dass sich sehr, sehr viele Betroffene niemals an die Täterorganisation wenden würden. Die wollen mit uns sprechen. Gleichzeitig hören wir von Betroffenen, die sich an die kirchlichen Stellen wenden, dass sie dort nicht immer adäquat behandelt werden. Das war der Hauptgrund, warum wir gesagt haben: Wir brauchen so eine Beratungsstelle, die völlig unabhängig von der Kirche ist.             

„Leuchtzeichen“ eröffnet am Internationalen Frauentag. Im medialen Bild ist das Opfer sexuellen Missbrauchs in der Kirche in der Regel männlich.
Unser Vorstand besteht aus vier Frauen und ich hoffe, das trägt dazu bei, dass sich verstärkt weibliche Opfer an uns wenden. Ich selbst habe jetzt schon mehr mit betroffenen Frauen zu tun. Bei dem Prozess gegen Pfarrer U. aus dem Bistum Köln, der in der letzten Woche zu zwölf Jahren Haft wegen sexuellen Missbrauchs an neun Mädchen verurteilt wurde, haben gerade eine Reihe junger Frauen ausgesagt. Mit einigen sind wir im Gespräch und sie möchten sich jetzt bei uns engagieren. Auch die Schwester einer Opferzeugin kam nach dem Prozess, den ich begleitet habe, auf uns zu und erklärte, sie wolle jetzt etwas tun. Für viele Betroffene ist es sehr ermutigend, dass sie bei uns aktiv werden können. Dass sie endlich rauskommen aus der passiven Rolle des Bittstellers, die sie ja einnehmen müssen, wenn sie sich an die Kirche wenden.

Umsteuern! Robin Sisterhood

Beratungsstelle „Leuchtzeichen“ (Markmannsgasse 7, 50667 Köln)

 

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