Trans-Gesetz: Schon jetzt gescheitert!
Fall 1: Die Person, die am 24. Februar 2023 den Gerichtssaal des Landesarbeitsgerichtes Niedersachsen betritt, ist von gedrungener Gestalt. Über dem beträchtlichen Bauch spannt sich ein schwarzer Hoodie mit dem Totenkopf des FC St. Pauli, auf dem Kopf des Fußballfans sind die spärlichen Haare zur Glatze rasiert. Die allermeisten Menschen würden sagen: Hier handelt es sich um einen Mann. Zumal die Person einen männlichen Namen trägt: Mathias Weidner.
Das Gericht tritt an diesem Tag zusammen, weil Mathias Weidner das anders sieht. Und weil er sich auf eine Stelle an der Hochschule Wolfenbüttel, der Ostfalia, beworben hatte: als Gleichstellungsbeauftragte. Die Hochschule hatte seine Bewerbung abgelehnt. Begründung: Laut dem Niedersächsischen Hochschulgesetz müsse die Stelle mit einer Frau besetzt werden.
Dagegen hatte der 37-jährige Volkswirtschaftler und Gender-Studies-Absolvent geklagt. Begründung: Den Job der Gleichstellungsbeauftragten könne auch ein Mann machen, beziehungsweise „Menschen aller Geschlechter“. Alles andere sei eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts und deshalb ein Fall für das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Außerdem sei er eben gar kein Mann, sondern definiere sich als „non-binär“, fühle sich also keinem der beiden Geschlechter zugehörig. Diese Selbstdefinition sei „eine Absage an das System der zwei Geschlechter“.
Können Menschen "aller Geschlechter" Gleichstellungsbeauftragte werden?
Das Landesarbeitsgericht erklärte nun dem Kläger bzw. der Kläger*in Mathias Weidner, dass sich dieses System leider nicht absagen lässt. Denn dem subjektiven Wunsch steht die objektive Realität gegenüber. Und die sieht so aus: Laut Stellenbeschreibung sei die Gleichstellungsbeauftragte „insbesondere Ansprechpartnerin bei sexuellen Belästigungen, deren Hauptbetroffene Frauen sind“. Deshalb sei die Ungleichbehandlung des Klägers auch durch das AGG gedeckt, weil „ein Vertrauensverhältnis zu einer bestimmten Gruppe erforderlich ist und es erfordert, dass der Arbeitnehmer selbst dieser Gruppe angehört – wie dies der Fall ist, wenn Opfer von Diskriminierung beraten und betreut werden“. Will heißen: Frauen, die sexuelle Gewalt erfahren haben – also Menschen, die nicht nur „weiblich gelesen“ werden, sondern auch ein reales weibliches Leben haben – möchten sich wohl kaum einem Mann anvertrauen (wie auch immer der sich „definiert“).
Dies hatte der in Gleichstellungsfragen angeblich so versierte Kläger Mathias Weidner offenbar nicht verstanden. Überhaupt scheinen ihm Wunsch und Wirklichkeit bisweilen durcheinander zu geraten. Im Interview mit dem Netzportal „Szene38“ berichtet Weidner über sein Hobby: „Live-Action-Role-Plays“, also Rollenspiele. Weidners Spielfigur: „Im Spiel bin ich ein Mann, ein Waffen- und Sklavenhändler“, erklärt die verhinderte nicht-binäre Gleichstellungsbeauftragte, „der Inbegriff toxischer Männlichkeit.“ Na dann.
Kläger Mathias Weidner: "Im Rollenspiel bin ich Waffen- und Sklavenhändler!"
Man könnte lachen, wenn es nicht so ernst wäre. Denn was wäre, wenn das „Selbstbestimmungsgesetz“ in Kraft träte und Mathias Weidner seinen Personenstand via „Selbsterklärung“ ganz einfach zur „Frau“ ändern würde? Das könnte er dann nämlich ohne weiteres. Dann hätte kein deutsches Gericht mehr eine rechtliche Handhabe, ihn mit der Begründung abzulehnen, die ausgeschriebene Stelle erfordere eine Frau. Vor dem Gesetz wäre er ja dann eine.
Das würde Missbrauch Tür und Tor öffnen? Stimmt!
Fall 2: Das mussten jetzt sogar die Grünen feststellen. Nämlich, als sich ein Mann zur Wahl für den Stadtvorstand in einem Kreisverband stellte, und zwar auf einem Platz, der laut Quote für eine Frau vorgesehen war. Kurz vor der Wahl hatte der Kandidat dem Kreisvorstand per Mail mitgeteilt: „Aus gegebenem Anlass würde ich gern mein Geschlecht ändern: Ab heute bin ich weiblich. Könnt ihr das bitte in euren Akten anpassen?“
Der Kreisvorstand tat wie geheißen, denn schließlich haben die Grünen parteiintern dem „Selbstbestimmungsgesetz“ schon vorgegriffen und erklären in ihrem „Frauenstatut“: „Die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen in der Politik ist ein politisches Ziel von Bündnis 90/Die Grünen. Die Mindestquotierung von Ämtern und Mandaten ist eines der Mittel, um dieses Ziel zu erreichen.“ Was aber ist für die Grünen eine Frau? „Von dem Begriff Frauen werden alle erfasst, die sich so definieren.“ Also de facto auch biologische Männer.
Der Kandidat hat massive Kritik an Frauenquoten und Frauenrechten
Kurz darauf nahm der Kreisvorstand von seiner Entscheidung, das männliche Mitglied künftig als weibliches zu behandeln, jedoch wieder Abstand und verweigerte folgerichtig auch die Aufstellung der „Kandidatin“ für die Wahl. Grund: die „fehlende Fraueneigenschaft“ der Kandidatin. In einem Gespräch mit ihr/ihm hatte sich laut Kreisvorstand nämlich Folgendes herausgestellt: Der Kandidat „gelte personenstandrechtlich als Mann, trete in allen sozialen Sphären (mit Ausnahme der grünen Partei) als Mann auf, lasse sich mit der männlichen Form ansprechen und führe weiterhin einen männlichen Vornamen“.
Das war aber noch nicht alles. Der Kandidat habe „grundsätzliche und massive Kritik an Frauenrechten und Quotenregelungen“. Seine „wirkliche Motivation“ für den Geschlechtswechsel sei offensichtlich, „die Ungerechtigkeit für Männer sichtbar zu machen“.
Daraufhin klagte der Mann, der bei den Grünen eine Frau sein wollte, vor dem Landesschiedsgericht der Partei. Das gab dem Kläger Recht. Das Gericht erklärte: „Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass, wie in anderen Landesverbänden schon vereinzelt geschehen, Männer sich allein zum Zweck als Frau in der Partei definieren, um auf Frauenplätzen kandidieren zu können oder andere, nach dem Frauenstatut allein Frauen vorbehaltene Privilegien für sich in Anspruch nehmen zu können. Dieses Risiko hat die Partei mit ihrer Definition in der Präambel des Frauenstatuts in Kauf genommen.“ Klare Worte, die besagen: Frauen tragen das Risiko, dass Männer, die nicht viel von Frauenquoten halten, ihnen auf der Basis des grünen Frauenstatuts die quotierten Plätze streitig machen.
Dem grünen Kreisvorstand fehlte die "Fraueneigenschaft" des Kandidaten
Das Bundesschiedsgericht – die nächsthöhere Instanz, die beide Streitparteien anriefen – mochte sich diesem Freifahrtschein für Männer allerdings nicht anschließen. Denn: „Könnten sich Männer spontan vor einer Kandidatur zu einem Parteiamt zur Frau erklären, ohne dass es irgendwelche Grenzen hierfür gäbe, könnte das satzungsmäßige Konzept der Partei, ungerade Listenplätze grundsätzlich Frauen vorzubehalten, gefährdet werden.“
Genau das – sich spontan zur Frau erklären – können grüne Männer aber laut Frauenstatut. Und genau so sieht es auch das von den Grünen gepushte „Selbstbestimmungsgesetz“ vor.
Nun geriet das grüne Bundesschiedsgericht gewaltig ins Schleudern. Es würde den Rahmen dieses Artikels sprengen, die verschlungenen Argumentationspfade vollständig zu beschreiben, auf denen das Bundesschiedsgericht wandelt oder vielmehr: schliddert. Sie reichen von der Frage, wie man mit der Aussage des Klägers umgehen sollte, dass er „zu 79 Prozent eine Frau sei“ (was die Beantwortung eines Fragebogens „Mann oder Frau?“ mit 29 Fragen ergeben habe) bis hin zu der Frage, ob „genderfluide Menschen, die sich nur zeitweise, zu einem bestimmten Prozentsatz oder nur in bestimmten Zusammenhängen als Frau oder Mann empfinden“, unter den „Frauenbegriff“ fallen sollen oder auch nicht.
Fazit des grünen Bundesschiedsgerichtes: „Es sollte geklärt werden, unter welchen Voraussetzungen die Erklärung, Frau zu sein, hinreichend eindeutig, rechtzeitig und dauerhaft ist, um die Kandidatur oder die Rede auf einem Frauenplatz im Einklang mit dem Sinn und Zweck der Quotierung zu tragen.“ Im Klartext: Das grüne Bundesschiedsgericht verlangt genau das, was die Grünen mit dem „Selbstbestimmungsgesetz“ gerade definitiv abschaffen wollen.