Der Mann, der die Frauen liebt

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Im Polizeibericht nach der Verhaftung von DSK heißt es wörtlich: „Um 15.29 Uhr zeigte eine Angestellte schwarzer Rasse/Herkunft des Hotels Sofitel, 33 Jahre alt, bei der Polizei an, dass sie Opfer eines sexuellen Überfalls geworden ist. Der Überfall habe sich im Zimmer 2806 zugetragen. (…) Als die Frau das Zimmer betrat, kam der Gast, Dominique Strauss-Kahn, ein weißer Mann von 62 Jahren, nackt aus dem Badezimmer. Er hat die Frau aufs Bett geworfen und seinen Penis in ihren Mund gesteckt.“ Die Frau konnte sich befreien, doch Strauss-Kahn verfolgte sie ins Bad und versuchte, ihr die Sachen vom Körper zu reißen. Die Zimmertüre hatte er abgeschlossen. Sie schaffte es dennoch, zu fliehen, informierte ihre Kollegen und die riefen die Polizei.

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Wie inzwischen bekannt ist, lebt die Frau namens Ophelia in der Bronx, ist alleinerziehende Mutter einer Tochter und hat einen „untadeligen Ruf“.

Strauss-Kahn wurde kurz vor Abflug der Air-France-Maschine auf dem Kennedy-Flughafen aus dem Flugzeug geholt. Die Polizei hatte seine Spur aufnehmen können, weil er sein Handy im Hotel liegen ließ und deswegen dort anrief. Die Fluggesellschaft ließ wissen, dass Strauss-Kahn jederzeit einen Platz in der ersten Klasse hat, auch ohne vorher zu buchen. Seine eigentliche Buchung war für später.

Die Untersuchung wird jetzt von der New Yorker „Sondereinheit für sexuelle Verbrechen“ geführt. Der Anwalt von DSK ist spezialisiert in sexuellen Verbrechen. Und erklärte, dass sein Mandant unschuldig sei. Strauss-Kahns (dritte) Ehefrau, Anne Sinclair, eine in Frankreich bekannte Journalistin und hochvermögende Erbin, ist auf dem Weg nach New York. Sie erklärte bereits, sie sei „uneingeschränkt von der Unschuld ihres Mannes überzeugt“.

Der sozialistische Ex-Justizminister Robert Badinter (und Ehemann der Philosophin) kritisierte das Vorgehen der amerikanischen Justiz scharf als „Inszenierung“. Warum hat man Strauss-Kahn nicht auf Kaution freigelassen?, fragte er. „Weil er Franzose ist? Weil er der Chef des Weltwährungsfonds ist?“

Am Freitag dieser Woche wissen wir mehr: Ob die Tatspuren sich erhärtet haben. Ob Strauss-Kahn (vorläufig) auf freien Fuß gesetzt wird oder nicht. Und ob die Anklage wegen „oraler Vergewaltigung und Freiheitsberaubung“ aufrecht erhalten wird.

 

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DSK: Frauenproteste in Frankreich: Wir

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Jedes Jahr werden in Frankreich 75.000 Frauen Opfer einer Vergewaltigung, aber nur jede zehnte zeigt das Verbrechen an, erklären die Initiatorinnen des Appells, die Organisationen Osez le Feminisme (Feminismus wagen), Paroles de Femmes (Frauen reden) und La Barbe (Der Bart), deren Mitglieder bei ihren Protestaktionen stets Bärte tragen. Und dazu, so die Protestlerinnen, tragen die verharmlosenden Kommentare wie die des Ex-Kulturministers Jack Lang („Es ist schließlich niemand gestorben“) oder des Philosophen Bernard-Henri Lévy („puritanischer Irrsinn“, in der Zeit) bei. Das findet auch die von Migrantinnen der Banlieus gegründete Frauenrechtsorganisation „Ni putes ni soumises“ (Weder Huren noch Unterdrückte): „Diese Affäre überschreitet weit den Kreis der beiden Protagonisten“, erklären sie. Schon jetzt würden Sätze laut wie: „Ich würde meiner Tochter von einer Anzeige abraten“ oder „Ich würde versuchen, allein zurechtzukommen, damit ich mich nicht in der selben Situation wiederfinde“.

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„Die Medien wiederholen immer wieder, dass für Dominique Strauss-Kahn die Unschuldsvermutung gelte. Nur wenige denken daran hinzuzufügen, dass das auch für das Zimmermädchen gilt und es hier eine ‚Opfervermutung’ geben muss“, erklären Béatrice Gamba und Agnés Guerin-Battisti, Sprecherinnen der Organisation Mix-Cité.

Nafissatou Diallo, das mutmaßliche Opfer, muss sich im bevorstehenden Prozess auf einiges gefasst machen. Nachdem das Sperma auf ihrer Uniform gerade als das von Dominique Strauss-Kahn identifiziert wurde (der zunächst behauptet hatte, die Frau nicht zu kennen und ein Alibi für die fragliche Zeit vorschob), kündigten die Anwälte des Ex-IWF-Chefs an, das „Vorleben“ der 32-Jährigen aus Guinea „zu durchforsten“.

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