Krakau: Die Nomadin
Nach ihrem Kunsthochschulabschluss war Emilia Maj, kurz Emi, erst mal orientierungslos. Dann entschied sie sich für Web-Design. Aber trotz des rasant wachsenden IT-Marktes in Polen war es für Frauen schwer, in der Branche Fuß zu fassen. Emi blieb hartnäckig und schaffte den Einstieg. Was sie daraus gelernt hat, gibt sie heute bei den „WebMuses“ weiter. Ein Netzwerk, das unter anderem den Frauenanteil in der Technologie-Branche erhöhen will.
Die Musen organisieren „Amusing Workshops“ zu Design, Marketing und Programmieren in Polen. Mittlerweile amüsieren sich pro Seminar bis zu 300 Teilnehmerinnen. Männer dürfen auch mitmachen. Kontakt halten Emi und ihre Mitstreiterinnen zum Beispiel via Skype.
Denn Emi ist nicht nur Aktivistin, sondern auch eine so genannte digitale Nomadin. Das heißt: Ihren Job als Software-Produktmanagerin für ein polnisches Technologie-Unternehmen erledigt sie nicht im Büro. Sie erledigt ihn via Internet. Währenddessen zieht sie von Stadt zu Stadt und Land zu Land, um Menschen zu treffen, die ihren Lebens- und Arbeitsstil teilen.
Ende 2013 reiste sie mit anderen HackerInnen und Tech-ExpertInnen auf dem „Africa Hack Trip“ mehrere Wochen durch Ostafrika. Und hat dort einige beeindruckende Frauen getroffen. Beim „Rumziehen“, wie Emi es nennt, begegnen ihr normalerweise deutlich mehr Männer als Frauen. Denn das digitale Nomadentum ist eher schlecht vereinbar mit den Erwartungen, die von der Gesellschaft an Frauen gestellt werden.
Emi, wo warst du denn in den letzten Wochen überall?
In den letzten zwei Monaten war ich im Norden von Polen, dann in Barcelona, in Tschechien, in Berlin und auf Malta.
Wie erledigst du deinen Job?
Ich arbeite via Remote-Desktop, also per Fernzugriff. Alles, was ich für meine Arbeit brauche, steht in Clouds online. Wenn wir unter Kollegen und Kolleginnen etwas besprechen müssen, gibt es einen Call, der dauert etwa 20 Minuten. Wir versuchen auch, uns alle drei bis vier Monate zu treffen, damit wir uns zumindest ein bisschen kennen lernen.
Bist du eine Ausnahme?
Ich kenne nur zwei Frauen, die so leben wie ich. Dabei hätte ja jede in meinem Arbeitsfeld die Möglichkeit dazu. Aber die meisten Frauen in Polen wollen sesshaft werden und eine Familie gründen.
Das ist sicher nicht nur in Polen so. Was lief bei dir anders?
Ich war immer eine Reisende. Das kommt durch meine Familie. Alle sind ständig umgezogen. Wenn ich länger an einem Ort bin, fühle ich mich schlecht. Andererseits: Ich hätte auch gerne eine Familie ...
Wie machst du weiter?
Ich weiß es nicht. Vor einem halben Jahr habe ich mal probiert, an einem Ort zu bleiben, um herauszufinden, wie es mir damit geht. Du siehst das Ergebnis: Ich bin wieder auf Reisen!
Weitere Porträts in dem Dossier "World Wide Women" über Frauen und Technologie in der November/Dezember EMMA. Zur Dossier-Übersicht