Was hat Buschmann gegen Frauen?

Warum blockiert Buschmann die für Frauen so wichtige EU-Richtlinie? - Foto: dpa
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„Sehr geehrter Herr Minister Buschmann, sehr geehrte Bundesregierung, wir bitten Sie dringend, Ihre Blockade-Haltung für einen umfassenden und zugleich effektiven und durchsetzbaren Schutz vor geschlechtsspezifischer Gewalt in allen EU-Mitgliedsstaaten aufzugeben. Mit dieser Blockade-Haltung steht der Schutz von Millionen Frauen vor Gewalt in der EU auf dem Spiel.“

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Mit diesen Worten beginnt der Offene Brief, den 100 Frauen an den Justizminister (FDP) geschrieben haben. Unter den Unterzeichnerinnen sind Schauspielerin Natalia Wörner, Frauenrechts-Aktivistin Düzen Tekkal und die Ökonomin und Ex-Siemens-Vorstandsfrau Janina Kugel.

Was genau blockiert Deutschland? Eine EU-Richtlinie, die unter anderem die Gesetzgebung der Mitgliedsstaaten zur Vergewaltigung vereinheitlichen soll. Denn in elf EU-Mitgliedsstaaten gilt ein „Nein“ immer noch nicht als ausreichend, um den Tatbestand der Vergewaltigung zu erfüllen. Vor allem in osteuropäischen Ländern wie Tschechien, Rumänien oder Polen -, aber auch in Frankreich und Italien muss das Opfer körperlichen Widerstand leisten und der Täter immer noch körperliche Gewalt anwenden, damit die Tat als „Vergewaltigung“ gilt. Oft aber ist das Opfer zu Widerstand psychisch oder physisch gar nicht in der Lage.

Warum will Deutschland keine "Ja heißt Ja"-Gesetzgebung wie 13 andere EU-Länder?

Die EU-Richtlinie sieht vor, dass in allen EU-Ländern das Prinzip „Nur Ja heißt Ja“ gelten soll. Das heißt: Die Frau muss aktiv einwilligen. Kann sie das nicht, zum Beispiel weil sie eingeschüchtert ist, schläft, unter k.o.-Tropfen oder betrunken ist, gilt die Tat als Vergewaltigung. 13 EU-Länder haben diese Regelung, darunter Großbritannien, Schweden und Dänemark, aber auch Kroatien und Slowenien.  

(v. li) Erstunterzeichnerin Düzen Tekkal und Initiatorin Kristina Lunz. Auch Janina Kugel und Natalie Wörner haben unterzeichnet.
(v. li) Initiatorinnen Düzen Tekkal und Kristina Lunz, auch Janina Kugel und Natalie Wörner haben unterzeichnet.

Die Richtlinie, die schon im März 2022 vorgestellt wurde, ist bereits von der EU-Kommission und dem EU-Parlament verabschiedet. Nun fehlt noch die Zustimmung des Europäischen Rates, in dem die Staats- und Regierungsschefs der 27 Mitgliedsländer sitzen. Und hier blockiert nun ausgerechnet Deutschland (zusammen mit Frankreich) die Richtlinie, die „Nur Ja heißt Ja“ zum europäischen Standard machen soll. Warum?

Angeblich, weil die EU mit der Richtlinie ihre Kompetenzen überschreite, heißt es aus dem Justizministerium. Sie sei gar nicht zuständig. Das allerdings haben hochrangige Juristinnen in einem Gutachten bereits widerlegt. Sie erklären die Richtlinie als vereinbar mit dem Europarecht und die Blockade ausgerechnet durch die „Fortschrittskoalition“ für „unverständlich“.

Wenn Deutschland weiter blockt, kippt die ganze Gewaltschutz-Richtlinie

Der sehr viel wahrscheinlichere Grund für Buschmanns Blockadehaltung ist, dass Deutschland selbst sein Vergewaltigungs-Gesetz ändern müsste. Seit 2016 gilt in Deutschland „Nein heißt Nein“. Bestraft wird, wer „gegen den erkennbaren Willen“ einer Person sexuelle Handlungen an ihr vornimmt. Das aber würde der geplanten EU-Richtlinie nicht genügen. Schreckt der Justizminister vor einer Verbesserung zurück?

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Fakt ist: „Wenn der Vergewaltigungsstraftatbestand (Art. 5 RL-E) nicht in die Richtlinie aufgenommen wird, droht das gesamte Vorhaben in den aktuellen Verhandlungen zu scheitern“, schreiben die Verfasserinnen des Offenen Briefes an den Minister Buschmann. Dabei sei diese Richtlinie „fast revolutionär“. Sie würde „mindestens sieben Formen von Gewalt gegen Frauen strafrechtlich harmonisieren“, darunter Online-Gewalt gegen Frauen wie Cyber-Anstiftung zum Hass, weibliche Genitalverstümmelung und Zwangsheirat.

Seit Wochen, klagen die Verfasserinnen, versuche man, „einen Gesprächstermin mit Buschmanns Team zu bekommen – erfolglos.“ Fazit: „Frauenrechte werden hier mehr als nur mit Füßen getreten.“

"Herr Minister, stehen Sie nicht dem Schutz von Millionen Frauen im Wege!"

Das allerdings ist nicht Neues aus dem Hause Buschmann. Gerade gehen alleinerziehende Mütter gegen einen von den Väterrechtlern gepushten Gesetzentwurf zum Unterhaltsrecht auf die Barrikaden. Die pseudofortschrittliche Familienrechtsreform des Justizministers birgt gleich mehrere faule Eier. Und beim Recht auf Abtreibung mauert die FDP, will aber gleichzeitig Eizellspende und Leihmutterschaft legalisieren. Ganz zu schweigen vom sogenannten „Selbstbestimmungsgesetz“, das jedem Mann die Möglichkeit gäbe, sich voraussetzungslos zur Frau zu erklären.

Viel Zeit bleibt nicht mehr: Scheitert die nächste Verhandlungsrunde Anfang Februar, wird die Gewaltschutz-Richtlinie vor den EU-Wahlen im Mai nicht mehr verabschiedet. Und wie es nach der Wahl aussieht – bei der es absehbar einen gewaltigen Rechtsruck geben wird – ist ungewiss. Also fordern die 100 Frauen: „Sehr geehrter Herr Buschmann, sehr geehrte Bundesregierung: Bitte beenden Sie sofort Ihre Blockade-Haltung und stehen Sie nicht dem Schutz von Millionen von Frauen vor Gewalt in der EU im Wege!“ EMMA schließt sich an.  

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